Prozess
„Es wurde viel zu viel“ – ehemalige Patientin des Angeklagten im Fall Maria Baumer schildert ihre Sicht

29.07.2020 | Stand 13.09.2023, 6:27 Uhr
−Foto: n/a

Im Prozess wegen des Todes von Maria Baumer wurde am Landgericht Regensburg am Mittwoch, 29. Juli, eine wichtige Zeugin gehört. Diese war 2012 Patientin des Angeklagten am Bezirksklinikum. Dem Angeklagten, dem damaligen Verlobten der Maria Baumer, wird vorgeworfen, aus Interesse zu dieser Patientin Maria getötet und im Wald vergraben zu haben.

Regensburg. Die Zeugin lernte den Angeklagten als einen ihrer Pfleger auf der Station kennen. Sie erzählte vor Gericht, dass die Atmosphäre auf der Station sehr gut gewesen sei und sie sich sehr wohl gefühlt habe. Der Angeklagte habe sich sehr gut um sie gekümmert, sodass sie auch schnell Vertrauen zu ihm aufgebaut habe. Er sei ein sehr sensibler Pfleger gewesen und ab einem gewissen Zeitpunkt sei er zusammen mit zwei anderen Pflegern „zu einer Art Lieblingspfleger“ der Zeugin geworden. Der Angeklagte habe ihr von Maria und der Verlobung erzählt und später dann auch von deren Verschwinden.

Sie habe den Eindruck gehabt, dass der Angeklagte an einer intimen Beziehung zu ihr interessiert gewesen sei, von ihrer Seite sei da aber nichts gewesen außer Freundschaft. Sie habe zu dem Zeitpunkt auch keinen realistischen Bezug zu romantischen Beziehungen mit Männern gehabt, neigte jedoch dazu, schnell Schwärmereien zu entwickeln. Der Angeklagte sei dafür jedoch aus ihrer Sicht nicht in Frage gekommen, weil sie mit ihm bereits zu vertraut gewesen sei.

Bis zur sowie nach der Entlassung der Patientin seien die beiden über Facebook in Kontakt zueinander gewesen, der dann „spätestens gegen Ende des zweiten Klinikaufenthaltes“ im März 2014, so erinnerte sich die Zeugin, „viel zu viel“ geworden sei. Die Zeugin schilderte, dass sie ein gewisses Unwohlsein verspürt habe bei dem Gedanken, mit dem Angeklagten alleine in einem Zimmer zu sein. So habe es einen Abend gegeben, an dem der Angeklagte in ihrem Elternhaus übernachtet habe und sie durchgesetzt habe, dass er nicht auf der Couch in ihrem Zimmer, sondern im Wohnzimmer schlafen solle. Nach dem zweiten Aufenthalt habe sich „eine Art Stalking“ entwickelt, der Angeklagte habe unbedingt Kontakt zu ihr gesucht, so die Zeugin, bis sie dann den Kontakt abgebrochen habe.

Es sei jedoch zu einem Wiedersehen gekommen, als die Zeugin mit gemeinsamen Freundinnen zu einem Picknick auf der Jahninsel verabredet war. Die Zeugin habe der Bitte ihrer Freundin, den Angeklagten ebenfalls einzuladen, nachgegeben. Allerdings habe sie „ein bisschen Angst“ gehabt und deshalb einen vertrauten Freund gebeten, ob dieser zu ihnen stoßen könne. Der Angeklagte habe an diesem Abend immer wieder gesagt, dass er noch zum Teetrinken mit in die Wohnung der Zeugin kommen würde. Obwohl die Zeugin mehrmals deutlich gesagt habe, dass sie dies nicht wolle, sei der Angeklagte mit ihr mitgekommen.

Während des Teetrinkens in der Wohnung habe der Angeklagte irgendwann nach einem Taschentuch gebeten, die Zeugin habe deshalb den Raum kurz verlassen. Bei ihrer Rückkehr sei der Angeklagte nicht mehr gesessen, sondern gestanden. Sie habe den Tee getrunken und habe danach keine Erinnerungen mehr, so berichtete die Zeugin, bis sie am nächsten Morgen aufgewacht sei. Der Angeklagte habe neben ihr im Bett gelegen und sie gestreichelt. Die Zeugin schilderte, dass sie „wie auf Autopilot“ gewesen sei und ihn „bloß nicht verärgern“ habe wollen und schnelle Bewegungen vermieden habe. Später habe man Lorazepam in ihrem Blut festgestellt. Auf Nachfrage des Gerichts gab sie an, dass es „absolut ausgeschlossen“ sei, dass sie selbst den Wirkstoff zu sich genommen hätte. Sie habe nach einem Selbstmordversuch mit dem Medikament Tavor, das Lorazepam enthält, Tavor „nicht mehr angerührt“, es sei auch nicht im Raum gestanden, dass sie dies überhaupt wieder verschrieben bekommen sollte.

Der Prozess wird am Freitag, 31. Juli, fortgesetzt.

Regensburg