Prozess
Wie lange lag die tote Maria Baumer im Wald? – Rechtsmediziner schildert vor Gericht seine Erkenntnisse

09.07.2020 | Stand 13.09.2023, 6:33 Uhr
−Foto: n/a

Ein Mammutprozess am Landgericht Regensburg: der Fall Maria Baumer. Angeklagt ist der ehemalige Verlobte Baumers, diese war 2012 verschwunden, ihre Leiche 2013 wurde in einem Waldstück bei Bernhardswald von Pilzsammlern gefunden. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, Maria Medikamente verabreicht und sie in einer Grube in jenem Waldstück vergraben zu haben.

Regensburg. Am Donnerstagvormittag, 9. Juli, machte ein Sachverständiger, Professor für Rechtsmedizin an der Uni Erlangen-Nürnberg, vor Gericht Angaben zur Obduktion des Leichnams. Vorher jedoch fragte Richter Michael Hammer die Eltern und Schwester Baumers erneut, ob sie sich zutrauen, im Saal zu bleiben, da dies „kein leichtes Kapitel“ sei. Doch die Familie blieb. Und der Sachverständige berichtete, wie er von der Kripo die Knochen- und Leichenteile in Papiertüten verpackt erhielt.

Bis auf wenige Körperteile, wie beispielsweise Zungenbein und Kehlkopf, sei das Skelett fast komplett gewesen. Es sei in einer leicht verdrehten Links-Seitenlage gefunden worden, so sei die Leiche höchstwahrscheinlich auch in der Grube gelegen. Der Professor für Rechtsmedizin erläuterte, dass geringe Weichteilreste vorhanden gewesen seien, man aber anhand derer aufgrund fehlender Körperzellen keine Untersuchungen durchführen habe können. Des Weiteren seien keine Hinweise auf Gewalteinwirkung in Form von Stichverletzungen oder ähnlichem nachweisbar gewesen. Letztlich habe man, so der Sachverständige, keine Todesursache angeben können.

Ob Maria in der Grube noch gelebt haben könnte, sei reine Spekulation, bestätigte der Sachverständige auf Nachfrage seitens der Richterbank. Zu Nachfragen kam es auch bei der Frage nach der Leichenliegezeit und der Leichenumlagerung. Während es für eine Umlagerung keine Hinweise gebe, könne der Sachverständige die Liegezeit nur „extrem schwierig“ einschätzen, da die Zeiten extrem variabel und abhängig von vielen verschiedenen Faktoren seien. Er gab eine Liegezeit von drei bis sechs Monaten an, aber auch eine längere Liegezeit sei möglich. Da die Leiche Maria Baumers möglicherweise für den Zeitraum eines ganzen Jahres in der Grube gelegen sein könnte, sorgte diese Aussage zunächst für Unklarheit.

Eine weitere Zeugin am Donnerstag war die ehemalige Chefin beziehungsweise Stationsleitung des Angeklagten, der als Pfleger arbeitete. Sie gab an, den Angeklagten als Praktikanten vor vielen Jahren kennengelernt und dann durchgehend mit ihm zusammengearbeitet zu haben. Zunächst ging es in der Befragung um den Ablauf der Bestellung und Lieferung von Medikamenten für die Station. Dazu war auch der Apothekenleiter des Bezirksklinikums geladen. Die Zeugin gab an, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Station sowie darüber hinaus auch mehrerer anderer Stationen Zugang zu den Medikamentenschränken hätten. Es gäbe auch einen gewissen Vorrat, beispielsweise auch an Lorazepam, das auch Maria verabreicht worden war.

Zur Person des Angeklagten konnte seine ehemalige Chefin aussagen, dass sie ihn als „introvertiert, ruhig, fleißig, flexibel, kollegial“ und „sehr geduldig mit Patienten“ gekannt habe. Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch habe sie dagegen nie wahrgenommen. Die Zeugin habe Maria gekannt und sei durch den Angeklagten nach Marias Verschwinden und nach dem Fund der Leiche in dem Fall auf dem Laufenden gehalten worden. Diesbezüglich wurden vor Gericht zwei Ausschnitte aus einem Telefonat der Zeugin mit dem Angeklagten gehört. Darin ging es um mögliche Tatmotive und um den Spaten. Zum möglichen Motiv – dass der Angeklagte Interesse an einer Patientin gezeigt und deshalb Maria umbringen habe müssen – sagte die Zeugin aus, dass es eine Phase gegeben habe, in der der Angeklagte häufig bei dieser Patientin gewesen sei, auch als Besucher.

Der Prozess wird am Freitag, 10. Juli, planmäßig fortgesetzt.

Regensburg