Prozess in Regensburg
Detektivarbeit – Fragen über Fragen im Fall „Bayern-Ei“

05.11.2019 | Stand 13.09.2023, 2:02 Uhr
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Im Fall „Bayern-Ei“ tauchen immer wieder Begriffe auf, die für Experten selbstverständlich sind, für Laien, das Gericht und Zuhörer jedoch erklärungsbedürftig sind.

REGENSBURG Am Freitag, 25. Oktober, ging es vor dem Landgericht Regensburg im Fall „Bayern-Ei“ mit einer ausführlichen Befragung eines Sachverständigen weiter. Dr. Istvan Szabo, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Salmonella (NRL für Salmonella) des Bundesinstituts für Risikobewertung, bekam dazu im Voraus vom Gericht einen Fragenkatalog. Neben Beratungsaufgaben, Forschungsprojekten und Methodenvalidierung beschäftigt sich der Tierarzt für Mikrobiologie hauptsächlich mit Salmonellen. Am Verhandlungstag ging es darum, generelle Fragen zu Salmonellen für das Gericht verständlich zu erklären. Die erste Frage des Richters zielte auf die Gefahr von Salmonellen für Menschen ab. Der Sachverständige bestätigte, dass alle Arten von Salmonellen für den Menschen gefährlich sein können, und führte Zahlen des Robert-Koch-Instituts für Erkrankungen an Menschen auf.

Im weiteren Verlauf wurden die verschiedenen Wege, auf denen Salmonellen in Legehennenbetriebe gelangen können, sowie die Verbreitungsmöglichkeiten detailliert klargestellt. Salmonellen kommen in den Stall, wenn Junghennen bereits infiziert sind, können aber auch über das Futtermittel, die Einstreu oder über Transportfahrzeuge eingeschleppt werden. Wenn sie dann im Betrieb sind, werden sie unter anderem über Lebewesen wie Fliegen, Ratten, Mäuse, Katzen, Hunde, Wildschweine, Marder, Wildvögel und Menschen verbreitet – aber auch über Staub, der in der Luft fliegt, oder über Schuhe. Während sich Staub kaum vermeiden lässt, wäre für das Schuhproblem eine Schleuse denkbar, in der man sich vollständig entkleiden und waschen beziehungsweise desinfizieren müsste und aus der man in den Stall nur mit neuer, stallspezifischer Kleidung und Mundschutz sowie Kopfbedeckung eintreten dürfte.

Szabo erklärte auch, welche Bedingungen für eine Vermehrung von Salmonellen günstig sind und unter welchen Voraussetzungen sich Salmonellen zwar nicht vermehren – aber überleben. Beispielsweise können Salmonellen in einem trockenen Gewürz jahrelang überleben, denn eine gewisse Feuchtigkeit ist selbst hier vorhanden. Neben der Feuchtigkeit ist eine Temperatur um die 37 Grad notwendig, damit alle 20 Minuten eine Zellteilung stattfindet. Diese Körpertemperatur ist bei Geflügel mindestens vorhanden. Außerdem können Salmonellen auch extrem niedrige Temperaturen bis unter minus 160 Grad überleben. Eine Impfung der Tiere ist sehr wichtig und wirksam, kann aber die Ausscheidung der Salmonellen nicht zu 100 Prozent verhindern, sodass diese durch frischen Kot weiter verbreitet werden und sich trotzdem vermehren können. Hinzu kommt, dass Hühner bei Stress, zum Beispiel als Folge einer Überbelegung, schneller wieder Salmonellen ausscheiden. Neben der Vermeidung einer Überbelegung, der Isolierung kranker Tiere sowie der Entfernung toter Tiere, der erwähnten Schleuse und Desinfektion, dem sofortigen Entfernen von frischem Kot und der Bekämpfung von Schadnagern und Insekten, ist eine Schulung der Mitarbeiter sinnvoll. Szabo betonte, dass es durchaus „unauffällige“ Betriebe gibt, die seit Jahren oder Jahrzehnten keine Salmonellen haben – dass er es in seiner Arbeit aber täglich mit einer richtigen „Detektivarbeit“ zu tun habe. Die Komplexität des Salmonellenthemas wurde allen Anwesenden durch seine Berichte und Antworten auf den Fragekatalog durchaus bewusst.

Der Prozess wird am Dienstag, 5. November, um 9.30 Uhr fortgesetzt, dann wird ein Sachverständiger aus der Infektiologie aussagen.

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