Beide Opfer bis heute schwer belastet
Haftstrafen für Sinzinger Räuber-Quartett weitestgehend bestätigt

16.10.2019 | Stand 13.09.2023, 2:03 Uhr
−Foto: n/a

Halloween ist ein Tag für ein Ehepaar aus Sinzing, den sie die letzten beiden Jahre weit weg von zu Hause verbracht haben. Die Kinder mit den Masken haben sie zu sehr an das erinnert, was am 16. September 2016 in ihrem Haus in Sinzing passiert ist. Ein maskiertes Trio hatte das Paar überfallen, gefesselt und beraubt. Einer der Täter hatte die Frau zudem schwer sexuell genötigt. Der Prozess um den Raub von Sinzing ging am Dienstag, 15. Oktober, in die Endphase.

REGENSBURG/SINZING Am Dienstag stand zunächst die Aussage der beiden Opfer auf der Tagesordnung. Den Tränen nahe schilderte der Überfallene, dass gerade die letzten Wochen vor dem neuerlichen Prozess wieder sehr schlimm gewesen seien. „Es ist gerade eine dünne Haut über die Wunde gewachsen – durch den neuen Prozess wurde alles wieder aufgerissen“. In letzter Zeit habe er schlecht schlafen können, berichtete er. „Die letzten Wochen waren furchtbar, man kann sich das gar nicht vorstellen.“ Sein Leben habe sich mit dieser Tat vollkommen verändert, es werde wohl auch nie wieder so werden wie vorher. Gerade auch im beruflichen Kontakt mit Neukunden sei er sehr vorsichtig geworden. Halloween sei besonders schlimm, die Masken erinnerten sofort an den Überfall. Auch die Ehefrau berichtete, dass die Tat gerade durch den neuen Prozess wieder besonders nachwirke. Sie könne mit ihrem Mann offen über alles reden, „wir gehen da gemeinsam durch“. Auf Menschen aber reagiere sie sehr misstrauisch – beruflich wie privat. Offene Fenster oder eine offene Terrassentür bereiten ihr nach wie vor Schwierigkeiten. Auch der sexuell motivierte Übergriff eines der Täter hatte seine Nachwirkungen. Heute, so berichtete die Zeugin, habe sie hier keine Probleme mehr mit ihrem Ehemann. Berührungen von Fremden aber seien nach wie vor sehr unangenehm.

Zwei der Angeklagten entschuldigten sich am Montag bei den Zeugen – „wir können nicht mehr gut machen, was wir Ihnen angetan haben“ und „es tut mir sehr leid, ich bereue es von ganzem Herzen, in der Haft bin ich zur Vernunft gekommen“.

Längere Zeit in Anspruch nahm die Verlesung der Vorstrafen der vier Angeklagten. Insgesamt 22 Einträge mussten verlesen werden – teilweise handelte es sich um einschlägige Straftaten. Die Staatsanwältin betonte in ihrem Plädoyer die „hohe Rückfallgeschwindigkeit“ bei den Angeklagten. Teilweise sei die Bewährungszeit gerade erst abgelaufen gewesen und schon sei es zur nächsten Straftat gekommen. Sie forderte Haftstrafen zwischen acht Jahren und drei Monaten und neun Jahren für die Angeklagten. Den Hinweis, es könnte sich auch um erpresserischen Menschenraub handeln, sah sie nicht – aber eine gewisse Nähe zu diesem Delikt, was sie strafverschärfend wertete.

Die Verteidiger der vier Angeklagten forderten zum einen nicht über fünf Jahre beziehungsweise nicht über sechs Jahre Haft. Außerdem sechs Jahre und drei Monate beziehungsweise sieben Jahre Haft. Für drei der Täter wurde eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeregt.

In seinem Urteil hielt sich die Kammer im Wesentlichen an das Urteil aus dem ersten Verfahren, so wurde bei drei der Täter die Haftzeit bestätigt. Ebenso wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Lediglich bei dem Täter, bei dem der BGH die Frage nach einer verminderten Schuldfähigkeit gestellt hatte, wurde die Strafe von sieben Jahren und drei Monaten auf sechs Jahre reduziert. Die Kammer erkannte an, dass zwar keine verminderte Schuldfähigkeit bestehe, aber dass sich die Spielsucht des Mannes erheblich ausgewirkt habe. Schon der BGH hatte angenommen, dass es naheliegend sei, dass durch den Raub Geldmittel erlangt werden sollten, die dann wieder in Glücksspiele „investiert“ werden sollten. Die Beeinträchtigung durch die Spielsucht habe aber nicht den Schweregrad, der für eine verminderte Schuldfähigkeit nötig sei, es gehe aber in diese Richtung. Die Frage, ob es sich bei der Tat um einen erpresserischen Menschenraub gehandelt hat, beantwortete die Kammer mit Nein.

Alle vier Verurteilten verzichteten auf Rechtsmittel. Seitens der Staatsanwaltschaft wurde signalisiert, dass hier ebenfalls auf Rechtsmittel verzichtet werde. Hier ist am Mittwochvormittag mit einer entsprechenden Entscheidung zu rechnen.

Regensburg