Wolbergs-Prozess
Harte Worte gegen die Staatsanwaltschaft – „billiger geht es nicht“

01.07.2019 | Stand 13.09.2023, 3:02 Uhr
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„Wir sind bisher allem nachgegangen, da wird zum Schluss nicht geschwächelt!“, kommentierte Richterin Elke Escher am Montag, 1. Juli, die Entschuldigung von Rechtsanwalt Peter Witting, dass man um diesen weiteren Verhandlungstag gebeten hatte. Eine Äußerung des angeklagten Bauträgers Volker Tretzel hatte Anlass gegeben, Missverständnisse auszuräumen. Dies tat der vorläufig suspendierte Oberbürgermeister der Stadt Regensburg, Joachim Wolbergs, dann auch in markigen Worten. Diesmal bekamen die Zuhörer die Show, die sie vergangene Woche vielleicht vermisst hatten.

REGENSBURG Tretzels Aussage in seinen letzten Worten, er müsse gar nicht so viel spenden, er bekomme das Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne sowieso, sorgte für einiges Echo in den Medien. Dieser Satz wurde Wolbergs zugeschrieben, so, als ob er ihn zu Volker Tretzel gesagt hätte. Dass dem nicht so war, beteuerten am Montag sowohl Wolbergs als auch Tretzel vor Gericht. Die Kammer war extra nochmals in die Beweisaufnahme eingetreten, um den Angeklagten die Chance zu geben, hier Stellung zu nehmen.

Wolbergs betonte, er habe diesen Satz nie gesagt. Es habe nie ein Junktim in Bezug auf die Spenden und die Vergabe des Nibelungenkasernen-Areals gegeben. Tretzel-Anwalt Dr. Florian Ufer gab zu Protokoll, dass sein Mandant die Formulierung scherzhaft gewählt habe. Da das Angebot von BTT seiner Meinung nach das Beste war, hätte er das Grundstück so oder so bekommen, egal, wie viel gespendet wird oder nicht. Es sei nie seitens des Angeklagten Wolbergs zu so einer Äußerung ihm gegenüber gekommen.

Damit endete dann auch schon die neuerliche Beweisaufnahme, alle Beteiligten hatten nochmals die Gelegenheit, ihre Schlussvorträge zu halten, ebenso folgten – erneut – die letzten Worte der Angeklagten. Staatsanwältin Christine Ernstberger betonte, Volker Tretzel habe mit seiner Äußerung alles zugegeben, das werde natürlich nun in Abrede gestellt. Die Äußerung bestätige, dass Joachim Wolbergs die Spenden, dem Unternehmen BTT habe zurechnen können. „Der Angeklagte Tretzel wollte den Angeklagten Wolbergs kaufen, beide haben korruptiv gehandelt“, so Ernstberger. Rechtsanwalt Peter Witting stellte dem entgegen, dass sich die Staatsanwaltschaft nun endgültig disqualifiziert habe. „Sie haben viel dazu getan, jetzt haben sie es geschafft!“ Bei den letzten Worten des Volker Tretzel habe man auf der Bank der Staatsanwaltschaft die Augen verdreht, nun plötzlich sei das wichtig, was Tretzel gesagt habe, „lächerlicher geht es nicht mehr“. Bislang sei Wolbergs vorgeworfen worden, er habe auch nach seiner Wahl 2014 zum Oberbürgermeister weiterhin Spenden eingesammelt, weil noch hohe Summen offen waren. Nun werfe man ihm, vor, er habe zu einem Bauträger gesagt, er müsse nicht mehr spenden. „Das gibt überhaupt keinen Sinn“, so Witting. Er forderte erneut Freispruch in vollem Umfang für Wolbergs. Selbiges forderte Dr. Florian Ufer für seinen Mandanten Volker Tretzel. Hier werde nun „ein Fass aufgemacht, wo nichts ist“. Auch die Verteidiger von Franz W. und Norbert Hartl blieben bei dem, was sie bereits ausgeführt und gefordert hatten.

Wolbergs selbst warf der Staatsanwaltschaft vor, „offenbar alles zu dürfen“. Es sei jedes Mittel recht, um in die Schlagzeilen zu kommen, „billiger geht es nicht“. Erneut habe er sich von der Staatsanwaltschaft sagen lassen müssen, gekauft worden zu sein, das ist „an Arroganz nicht zu überbieten“. Als Vertreterinnen des Staates, was die Staatsanwaltschaft nunmal sei, habe man dem Rechtsstaat keinen guten Dienst erwiesen. Wolbergs betonte, er wolle sich dieses Verhalten nicht gefallen lassen, die Staatsanwaltschaft kämpfe keineswegs für Gerechtigkeit, „einen Dreck machen sie“, redete sich Wolbergs in Rage. Genauso schnell, wie die Emotionen hochgekocht waren, glätteten sich die Wogen dann aber auch wieder.

Der Prozess endet am Mittwoch, 3. Juli, mit der Verkündung des Urteils. Die Verlesung der Urteilsbegründung wird bei Bedarf am Donnerstag, 4. Juli, fortgesetzt.

Regensburg