Vorfall in Cham
Es waren keine K.o.-Tropfen in der E-Zigarette – Labor konnte ein synthetisches Cannabinoid nachweisen

12.02.2019 | Stand 21.07.2023, 16:53 Uhr
−Foto: n/a

Wie berichtet, hatten mehrere junge Männer in der Nacht von Freitag auf Samstag , 14. auf 15. Dezember 2018, mit zum Teil erheblichen körperlichen Auswirkungen zu kämpfen bzw. erlitten zum Teil schwere Sturzverletzungen, nachdem sie von einer E-Zigarette gezogen hatten, die ihnen von einem damals 18-jährigen Mann aus dem Landkreis Cham zum Konsum angeboten worden war. Einige der Heranwachsenden brachen kurz nach dem Genuss bewusstlos zusammen bzw. erlitt einer von ihnen sogar einen Krampfanfall.

CHAM Insgesamt wurden sieben junge Männer infolge des Geschehens teils schwer verletzt, eine 18-jährige Frau hatte den Konsum der angebotenen E-Zigarette abgelehnt.

Noch in der Tatnacht konnten bei dem jungen Tatverdächtigen, der vorläufig festgenommen worden war, die besagte E-Zigarette und ein Fläschchen mit Liquid aufgefunden und sichergestellt werden. Im Rahmen der Ermittlungen und der kriminaltechnischen Untersuchung wurde nun bekannt, dass in dem in der Zigarette beinhalteten Stoff, den sich der junge Mann online aus dem Ausland bestellt hatte, ein so genanntes synthetisches Cannabinoid beinhaltet war. Diese Wirkstoffe werden oftmals ersatzweise für Cannabisprodukte konsumiert und als vorgebliche Kräutermischungen oder Badesalze vertrieben. Bei dem vorliegenden Stoff handelt es sich um ein Cannabinoid, das in der Vergangenheit wiederholt Anlass für notfallmedizinische und psychiatrische Behandlungen war. Deswegen kann im Vergleich zu dem in Cannabisprodukten enthaltenen Wirkstoff THC, auf eine erhöhte Toxizität geschlossen werden. Der Umgang mit dem Stoff unterliegt daher dem Betäubungsmittelrecht, weshalb bereits der bloße Besitz eine Strafbarkeit begründen kann.

Auch wenn der Stoff bei Einnahme mit einer Vielzahl von teils schwerwiegenden körperlichen Erscheinungen in Verbindung gebracht werden kann, handelt es sich dabei nicht um einen der den landläufig als K.o.-Tropfen bekannten Stoffen zugerechnet wird, mit denen ein die freie Willensbestimmung ausschließender Zustand erreicht werden soll, um Folgehandlungen wie Sexual- oder Eigentumsdelikte zu begehen, da mit dem Eintritt dieser Wirkung nicht zwangsläufig gerechnet werden kann.

Rettungsdienst verständigen und die Polizei informieren

In den zurückliegenden Kalenderjahren 2017/2018 wurden zwar insgesamt zehn Fälle bekannt bzw. Gegenstand polizeilicher Ermittlungen, in denen der Anfangsverdacht einer Verabreichung von K.o.-Tropfen bestand, jedoch zeigte sich im Rahmen der Ermittlungen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, dass die aufgetretenen Symptome oder körperlichen Beeinträchtigungen der Betroffenen auf einen übermäßigen Alkoholabusus, teils auch in Verbindung mit einer Medikamenteneinnahme zurückzuführen war. In wenigen Fällen konnte den vorgeblichen Opfern auch ein eigenverantwortlicher Konsum von Betäubungsmitteln nachgewiesen werden.

Bei Bewertung der Hintergründe stellte sich heraus, dass die Betroffenen oftmals ob ihres Zustandes oder ihrer Verhaltensweisen gegenüber Angehörigen oder Lebensgefährten in Erklärungsnöte geraten und sich infolge dessen in eine Anzeigenerstattung geflüchtet hatten bzw. zu dieser gedrängt worden sind. Dies hatte im Einzelfall auch strafrechtliche Konsequenzen zur Folge und trägt zudem zu einer Sekundärviktimisierung echter Opfer bei, deren Glaubwürdigkeit infolge dessen im sozialen Umfeld zwangsläufig in Frage gestellt wird!

Sofern sich jedoch, wie im vorliegenden Fall, tatsächlich Hinweise auf eine Verabreichung von Wirksubstanzen durch Dritte ergeben, sollten Betroffene im Notfall unverzüglich den Rettungsdienst verständigen und den Kontakt zur Polizei herstellen bzw. veranlassen, um einen entsprechenden Nachweis über die teils sehr flüchtigen Stoffe führen zu können.

Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr droht

Der junge Mann aus dem Landkreis Cham sieht sich nun neben den strafrechtlichen Folgen in Form von Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, das im gegenständlichen Fall eine Strafandrohung einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr vorsieht, auch mit den zivilrechtlichen Ansprüche der Geschädigten konfrontiert.

Regensburg