Grenzüberschreitendes Rettungswesen
Neuer Meilenstein erreicht – Bezirk Pilsen gestattet Patiententransporte auf bayerisches Gebiet

07.02.2019 | Stand 03.08.2023, 6:51 Uhr
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Es ist ein entscheidender Erfolg für den grenzüberschreitenden Rettungsdienst: Am Mittwoch, 6. Februar, gab der Pilsener Regionspräsident Josef Bernard bei einem Treffen mit Bezirkstagspräsident und Landrat Franz Löffler, dem Oberpfälzer Regierungspräsident Axel Bartelt und Vertretern der Rettungsdienste beider Regionen bekannt, dass es fortan auch vonseiten des Bezirks Pilsen keine Hindernisse mehr für einen grenzüberschreitenden Patiententransport gibt.

REGENSBURG „Wir haben eine praxisnahe Lösung für die Menschen gefunden, die unseren Rettungsfahrzeugen die Einfahrt nach Bayern ermöglicht“, so Bernard. Damit ist zwischen der Oberpfalz und Pilsen ab sofort der Transport von Patienten beider Nationalitäten in Abhängigkeit des jeweiligen Gesundheitszustandes zum nächstgelegenen Krankenhaus möglich, unabhängig davon, auf welchem Staatsgebiet sich die Verletzten befinden. Auch das Umladen von Patienten an der Grenze gehört fortan der Vergangenheit an.

Die Basis dafür ist der Einsatz eines neuen Kommunikationssystems, mit dem die Rettungsleitstellen in der Oberpfalz und im Bezirk Pilsen barrierefrei in ihrer jeweiligen Landessprache miteinander kommunizieren können und so ihre Einsätze optimal grenzüberschreitend koordinieren können. So ist im Bedarfsfall dank der neuen Regelung auch die Zuweisung eines tschechischen Rettungsfahrzeugs an ein bayerisches Krankenhaus über die Rettungsleitstellen möglich. Die Software mit dem Namen „Babylon 2 befindet sich seit dem 1. November 2018 in der Integrierten Leitstelle Weiden (Nordoberpfalz) und seit dem 1. Februar 2019 in der Integrierten Leitstelle Regensburg im Testbetrieb und soll in Zukunft um weitere Elemente wie die Anzeige der verfügbaren Einsatzfahrzeuge auf einer Karte ergänzt werden.

Bezirkstagspräsident und Landrat Franz Löffler begrüßt den Vorstoß der Region Pilsen und zeigt sich begeistert von den neuen Möglichkeiten: „Menschen in Notfallsituationen unterliegen oft einer enormen psychischen Stresssituation. Umso wichtiger ist es, dass im Ernstfall auch die Möglichkeit zum Transport in ein Heimatkrankenhaus besteht. Für die Bevölkerung im Grenzraum haben wir mit dieser pragmatischen Lösung eine deutliche Verbesserung erreicht und können das Sicherheitsgefühl erheblich steigern.“ Löffler betont aber auch, dass kein genereller Anspruch auf eine Verbringung in ein bayerisches Krankenhaus besteht: „Es wird immer das Krankenhaus angefahren, das schnellstmöglich die beste Versorgung für den Patienten gewährleistet“. Auch Regierungspräsident Axel Bartelt zeigte sich hoch erfreut über die Nachricht aus Pilsen. „In einem immer mehr zusammenwachsenden Europa ist es wichtig, auch in Grenzregionen optimale Hilfe in Notfallsituationen leisten zu können. Mit der heutigen Zusage aus Pilsen haben wir einen entscheidenden Durchbruch erreicht, für die ich unseren tschechischen Nachbarn äußerst dankbar bin“, so Bartelt.

Dem Treffen in Pilsen waren mehrere Verhandlungsgespräche vorausgegangen. Schon im September hatten sich der Chamer BRK-Rettungsdienstleiter Michael Daiminger und der Stellvertretende Projektleiter für den grenzüberschreitenden Rettungsdienst, Manfred Maurer, in Niederösterreich über das dortige grenzüberschreitende Rettungssystem informiert. Begleitet wurden sie dabei von Markus Meinke von der Europaregion Donau-Moldau, der auch die nachfolgenden Abstimmungsprozesse zwischen beiden Ländern koordinierte. Nach weiteren Gesprächen in Furth im Wald und in Regensburg im Dezember 2018 sicherte Hejtman Bernard zu, Franz Löffler und Axel Bartelt bis zum Frühjahr 2019 einen praktikablen Lösungsansatz unterbreiten zu wollen. Diesen legte der Hejtman nun wie vereinbart vor.

Mit der Bekanntgabe Bernards wurde auch eine seit langer Zeit bestehende Forderung des BRK-Kreisverbandes Cham erfüllt. Insbesondere BRK-Präsident Theo Zellner, Michael Daiminger und Manfred Maurer hatten schon nach der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung für den grenzüberschreitenden Rettungsdienst vom Oktober 2016 darauf hingewiesen, dass das Dokument rechtliche Grauzonen enthalte und die juristischen Folgen eines Einsatzes auf dem jeweils anderen Staatsgebiet nicht klar geregelt seien. Umso mehr freut sich Daiminger über die nun gefundene Lösung, die mit einer entsprechenden Anpassung der bestehenden Vertragswerke auch rechtlich auf eine fundierte Basis gestellt werden soll. BRK-Präsident Zellner ist davon überzeugt, dass man der Realisierung eines gemeinsamen transnationalen Gesundheitsmanagements entlang der Grenze mit dem bisher erreichten ein gutes Stück näher gekommen sei. Er weist aber auch darauf hin, dass in den kommenden Monaten nun vor allem Praktiker wie Michael Daiminger und Manfred Maurer gefordert sein werden, um die neuen Möglichkeiten bestmöglich in die Praxis umzusetzen. Diesen Gedanken unterstützt auch Pavel Hrdlička, Leiter des Rettungsdienstes im Bezirk Pilsen, der eine regelmäßige Evaluation anregt, um im Bedarfsfall weitere Optimierungen zum Wohle der Grenzbevölkerung vornehmen zu können.

Regensburg