Prozess
Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Regensburg wird zum Drogen-Umschlagplatz für Bayern

17.01.2019 | Stand 13.09.2023, 1:47 Uhr
−Foto: n/a

Ein syrischer Friseur muss sich derzeit vor der fünften Kammer des Landgerichts Regensburg verantworten. Ihm wird vorgeworfen, bei sich zuhause in einer Flüchtlingsunterkunft insgesamt 117 Kilo Marihuana gebunkert zu haben.

REGENSBURG Kahl rasierter Kopf, oben ein Schopf – der Friseur aus Syrien kommt im Jogging-Anzug, wie er auf Schulhöfen gerade top aktuell ist. Doch derzeit ist der 23-Jährige in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, insgesamt 117 Kilo Haschisch und Marihuana in der Flüchtlingsunterkunft in Hainsacker im Landkreis Regensburg gebunkert zu haben. 2016 kam er nach Deutschland, begann nach eigenen Angaben sofort damit, zu trinken und Drogen zu konsumieren. 2017 lernte er dann zwei Landsmänner kennen, die ihm Marihuana und Haschisch gaben. „Ich hatte kein Geld, man hat mir 100 Gramm gegeben, die ich zunächst nicht bezahlen musste“, sagte der Angeklagte am Montag vor dem Landgericht. Als er seine Schulden nicht bezahlen konnte, musste er Dienste für zwei weitere syrische Drogenhändler leisten: „Man hat mir immer einen Rucksack gegeben und gesagt, ich darf nicht reinschauen“, sagte der 23-Jährige zu Richter Georg Kimmerl. Erst als sein Landsmann eine große Reisetasche brachte, wurde er nervös: „Ich habe entgegen der Abmachung die Tasche geöffnet. Sie war voller Drogen“, sagte der Friseur. Ein Zeuge, der selbst als Drogenkurier tätig war, schilderte das aber ganz anders. Der Friseur habe ihm und anderen Händlern die Drogen in Norma-Tüten aus dem Bunker in der Flüchtlingsunterkunft überreicht. „Wir haben 20 Kilo von Stuttgart geholt und haben das nach Hainsacker gebracht“, schilderte beispielsweise der bereits selbst wegen Drogenhandels verurteilte Zeuge. Zu viert haben die Syrer in der Unterkunft gelebt, die offenbar nicht mehr als zehn Quadratmeter hatte.

Lieferungen nach Straubing, Landshut und Traunreut

Weiter geliefert wurde kiloweise in andere bayerische Städte – alles im Auftrag eines Hassan A., ebenfalls ein Syrer, der anwies, ob die Ware „nach München, Straubing, Landshut“ geliefert werden sollte. Transportiert wurden das Marihuana und das Haschisch vorwiegend mit dem Zug. Dabei transportierten die Kuriere bis zu fünf Kilo, soviel, wie eben in eine Reisetasche passte. Kontrolliert wurde dabei offenbar nie. Aufgeflogen ist das ganze eher zufällig: Nämlich, als man vom Zug auf ein Auto als Transportmittel umstieg. Mitten in Regensburg wurden sie im Oktober 2017 von einer ganz normalen Streife der Polizei aufgehalten. Dabei hatten sie zehn Kilo Marihuana, die nach München und Traunreut geliefert werden sollten.

Ein 60-jähriger Kripo-Beamter im Zeugenstand zeichnete das Bild eines jungen Mannes, der sich von Anfang an nicht in Deutschland integrieren wollte. In Syrien hatte er für das Regime von Bashar Al-Assad als Polizist gearbeitet, bis ihn die Opposition festnahm. 2015 entließ man ihn aus der Haft, er flüchtete über die Türkei nach Deutschland. Aus dem Deutsch-Kurs war der junge Mann rausgeflogen, weil er Konflikte mit weiblichen Lehrkräften hatte. Schon in Syrien hatte er eine Lehrerin geschlagen. Das Urteil berichten wir nach.

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