Buch
Ein Drogenfahnder im Paradies für verlorene Seelen

27.11.2018 | Stand 13.09.2023, 1:51 Uhr
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Hans Reisky erlebte als Drogenfahnder bei der Kripo Szenen wie aus der Serie „Miami Vice“. Jetzt hat er zusammen mit einem Autor ein Buch geschrieben.

REGENSBURG Für einen schweren Jungen kann man Hans Reisky heute durchaus auch noch halten. Das liegt vielleicht auch an seinem ständigen „Schniefen“ durch die Nase. Darauf angesprochen, lacht Reisky verschmitzt: „Deshalb haben viele geglaubt, ich sei selbst ein Giftler, weil ich immer so schniefe.“ Die perfekte Tarnung für einen Mann, der als Zivilpolizist und Drogenfahnder die heißen 80er Jahre in der Oberpfälzer Hauptstadt Regensburg erlebte.

Doch Reisky schwört Stein auf Bein: „Drogen habe ich nie angerührt!“ Mit seinen „Schneckerln“ am Kopf, die er vorne kürzer und hinten etwas länger trägt, erinnert der gebürtige Schwandorfer durchaus an Sonny Crocket, den legendären Drogenfahnder aus der US-Serie „Miami Vice“. Mit einem Unterschied: Alles, was Reisky erzählt, hat er auch wirklich erlebt. Und die Giftler und Verbecher, die er beschreibt, begegnen ihm manchmal heute noch im Aufzug. „Drogenhochburg Oberpfalz – Erinnerungen eines Regensburger Drogenfahnders“ heißt das Buch, das auf Reiskys Erlebnissen beruht. Geschrieben hat es der Autor und pensionierte Lehrer Rolf Peter Sloet. „Wir haben uns einmal in der Woche getroffen und Hans Reisky schilderte mir dann, was er erlebt hatte“, sagt Autor Sloet.

Aus den sachlichen Schilderungen, die der Ex-Drogenfahndern wie aus dem trockenen Polizeibericht vortrug, skizzierte Autor Sloet einen faszinierenden Erzählstrang, der in die 80er Jahre führt. Damals war Regensburg das Gegenteil von heute: Statt prosperierender Großstadt im Herzen Europas endete hier bis zum Fall des Eisernen Vorhangs die westliche Welt. Ein Paradies für halbseidene Gestalten und verlorene Seelen.

Zu seinen Schneckerl am Kopf trägt Reisky einen Ohrring und einen schwarzen Gürtel in Judo. Er sieht bis heute ein bisschen selbst aus wie ein „schwerer Junge“. Als der gebürtige Schwandorfer 1971 zur Polizei geht, eckt er immer wieder mal an. Auch, als er 1977 nach Regensburg versetzt wird. Zuerst zur Verkehrspolizei.

„Das hat mir gar nicht gepasst“, sagt Reisky heute. 1983 kommt er endlich zur Kripo. Im „K14“, dem Drogendezernat, erkennt man schnell Reiskys Fähigkeiten: Er wird als Zivilfahnder eingesetzt. „Das war damals ganz neu, das gab es bisher noch nicht.“ Er geht auf in seinem Job. Gut für die Polizei, schlecht für Regensburgs damals florierende Drogenszene.

Reisky erzählt wie ein Buch. Wie sein Buch. Bis heute hat er die Ereignisse seiner Dienstzeit im Kopf. Die Termine mit dem Autor Sloet haben nochmals Ordnung in sein Kopfarchiv gebracht.

Übrigens haben auch Reiskys Nachfolger nicht wenig zu tun. Das Geschäft ist allerdings noch härter geworden. Die 90er Jahre, die Zeit, als Reisky nach einem Unfall schon in Ruhestand ist, erlebt die Oberpfalz heftige Schwemmen, vor allem von Crystal Meth. „Ice“ heißt die Droge hier. Kein Wunder, dass Regensburg die bayernweit einzige Anlaufstelle für Crystal-Abhängige vorhält, im Auftrag des Freistaates. Am Landgericht läuft derweil ein Prozess gegen eine Gruppe von Albanern, denen organisierter Handel mit Hasch, Kokain und Heroin vorgeworfen wird.

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