Spitzen-Tagung
„Der IS spricht schon von Anschlägen in unseren Krankenhäusern“

06.03.2018 | Stand 13.09.2023, 7:05 Uhr
−Foto: Foto: Eckl (

Klinik-Chefs aus ganz Deutschland tagten im Josefskrankenhaus, um sich dem Undenkbaren zu stellen: Was geschieht, wenn es im Krankenhaus einen Amoklauf oder einen terroristischen Anschlag gibt?

„Das Undenkbare denken“, unter diesem Motto hätte eine Tagung mit Pioniercharakter am Klinikum St. Josef stehen können. Verantwortliche von Krankenhäusern aus ganz Deutschland kamen zusammen, um über ein heftiges Thema zu debattieren: Was geschieht eigentlich, wenn ein Krankenhaus selbst zum Ort eines Anschlags wird? Einer der renommiertesten Unfall-Chirurgen Deutschlands, der Regensburger Professor Michael Nerlich, hatte im Rahmen des Chirurgen-Verbands diese einzigartige Tagung initiiert.

Vor Ort waren dann auch echte Experten: Robert Schmitt beispielsweise vom MKT Krankentransporte war Einsatzleiter beim Amoklauf in München. Und mit Andreas Hüfner, dem Leiter der Notaufnahme im Josefs, war ein Mann mit Expertise vor Ort, wie der Ablauf in einem Klinikum im Ausnahmezustand organisiert sein muss.

„Flüchten, verstecken, alarmieren – wenn das unsere Mitarbeiter im Ausnahmefall beherzigen, dann ist schon viel gewonnen“, sagte Nerlich im Mediengespräch. Dass Krankenhäuser überhaupt als Anschlagsziel in Frage kommen, hat der widerliche „IS“ in einer „Botschaft“ zu Weihnachten 2017 klar gemacht: „Sie sind das Ziel“ war dann auch der Tenor auf der Tagung vergangene Woche.

„Wir haben bei der Tagung auch erfahren, dass es konkrete Anschlagsplanungen für eine Klinik in Hamburg gegeben habe“, so Nerlich. Gleichzeitig rückte Manfred Jahn, Leitender Polizeidirektor vom Präsidium Oberpfalz, die „subjektive“ und die „objektive Bedrohungslage ins rechte Licht: „Wir leben hier in Ostbayern sehr sicher“, sagte Jahn. Gleichzeitig sei aber natürlich das Krankenhaus ein ganz sensibler Bereich.

„Wir handeln, wenn wir uns schützen müssen“

Robert Schmitt vom Rettungsdienst MKT schilderte eindrücklich seine Erlebnisse beim Amoklauf von München. „Die Kliniken haben ihre Kapazitäten sofort hochgefahren“, so der Einsatzleiter des wohl schlimmsten Ereignisses der letzten Jahre in der Landeshauptstadt. Mit einem ausgeklügelten System hatte man die Schwerstverletzten damals auf die unterschiedlichen Kliniken verteilt. Und alle, die nicht am Ort des Amoklaufs getötet wurden, sondern in den Krankenhäusern versorgt werden konnten, haben überlebt.

Das Krankenhaus als immer offener Ort, an dem die Menschen jederzeit ein und ausgehen können, sei natürlich prinzipiell gefährdet – aber auch deshalb, weil sich Patienten gerade in der Notaufnahme auch gewalttätig zeigen. Zwar sei das nach wie vor die Ausnahme, doch dann umso schlimmer für die Ärzte, Pfleger und Schwestern. Notaufnahmen-Leiter Hüfner schilderte, dass man im Falle einer Tätlichkeit eines Patienten „handelt, weil wir uns oder sogar den Patienten vor sich selbst schützen müssen“.

Fazit der Veranstaltung: Was vor einigen Jahren noch undenkbar war, ist heute möglich. Genau deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Personen an neuralgischen Positionen auch auf das Schlimmste vorbereitet sind.

Die Tagung im Josefskrankenhaus beleuchtete nicht nur, wo unsere Gesellschaft auch direkt vor der Haustür am empfindlichsten getroffen werden könnte. Sie machte auch deutlich: Eine freie Gesellschaft lässt sich nicht ins Bockshorn jagen.

Regensburg