Bluttat in Freyung
12 Jahre Haft für Dominik R.: „Kein Mörder, sondern ein Totschläger“

20.11.2017 | Stand 31.07.2023, 13:58 Uhr
−Foto: n/a

Am Montagnachmittag wurde um 14 Uhr von Richter Wolfgang Hainzlmayr das aus Sicht der Kammer angemessene Urteil gegen den Angeklagten Dominik R. aus Freyung gesprochen.

PASSAU Dominik R. soll im späten Herbst 2016 seine damalige Freundin und die Mutter seines Sohnes, Lisa H., im gemeinsamen Schlafzimmer in Freyung mit mindestens 12 Stichen getötet haben. Die junge Mutter verblutete nach außen. Nach der Tat reinigte Dominik R. den Tatort gründlich, brachte die blutdurchtränkte Bettwäsche zum Recyclinghof und räumte das Konto der Getöteten leer. Nach mehrwöchiger Flucht über Frankreich zum spanischen Küstenort Lloret de Mar ging er den spanischen Behörden ins Netz.

Staatsanwaltschaft forderte lebenslänglich

Ebenso ließ sich der Täter eine fragwürdige Tätowierung stechen, die medial für großes Aufsehen sorgte: ein Schriftzug mit „Danke für alles“ auf spanisch („Gracias por todo“) mit Lisa H.s Geburts- und Todesdatum. Seit seiner Festnahme und Auslieferung verbüßt Dominik R. seine U-Haft in der JVA Straubing. Nach elf Verhandlungstagen mit etlichen Zeugenaussagen und einem späten Geständnis, das er über eine Einlassung seiner Verteidiger verlesen ließ, wurde er nun verurteilt.

Am letzten Verhandlungstag plädierte die Staatsanwaltschaft für die Bluttat in Freyung auf lebenslänglich. Auch die Nebenklage schloss sich dem an. Das Verteidiger-Duo, bestehend aus Dr. Holm Putzke und Dr. Thomas Krimmel, beharrte aber auf einer Haftstrafe von zwölf Jahren, die sie für strafangemessen hielten.

Der Medienandrang war wie am Prozessauftakt erneut sehr groß. Schon zwei Stunden vor Verhandlungsbeginn warteten Zuschauer vorm Eingang des Passauer Landgerichts, um bei der Urteilsverkündung dabei zu sein. Unter ihnen viele Zeugen, die während der Prozesstage vor Gericht verhört wurden. Den Eltern der Getöteten schossen es während der Urteilsverkündung und der rechtlichen Begründung des Richters die Tränen in die Augen: 12 Jahre Haft für Dominik R. wegen Totschlags.

Auch im Zuschauerraum wurden einige Tränen vergossen und viele waren schockiert, wie, in ihren Augen, „milde“ das Urteil doch ausfiel. Doch Richter Wolfgang Hainzlmayr begründete detailliert, auch für Laien verständlich, wieso es hier nicht für einen Mord oder Totschlag im besonders schweren Fall gereicht hatte. „Dominik R. ist faktisch kein Mörder, sondern ein Totschläger“, so Hainzlmayr.

Eher sei es, so der vorsitzende Richter, „ein Klassiker für eine affektunterlegte Tat“. Die Motivation, aus Sicht der Kammer, sei ein Streit gewesen, der wahrscheinlich letzten Endes um Luca ging, den Dominik R., wie er auch in seiner Einlassung sagte, Angst hatte zu verlieren, da Lisa ihn bei Streitigkeiten immer als Druckmittel benutzte.

Einlassung „plausibel“: Tat nicht geplant

Geplant sei die Tat aber, nach den vorliegenden Fakten, einfach nicht gewesen, hieß es weiter. Die Einlassung, die Dominik R. am vorletzten Verhandlungstag verlesen ließ, schien für die Große Strafkammer „plausibel“. Was letzten Endes in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober wirklich geschah, das weiß nur Dominik R. selbst. Dennoch, so Hainzlmayr, „wirft das gesamte Nachtatverhalten von Ihnen Herr R. kein gutes Licht auf sie, wie sie ihre getötete Freundin auch noch in Plastiksäcke gesteckt, sie versteckt und mit Klebebändern zugebunden gebündelt in die Ofennische gesteckt haben. Das Ganze war schon ganz schön kaltschnäuzig.“

Anwalt der Nebenklage, Ronny Raith, der den kleinen Sohn vertritt, äußerte sich nach dem Urteil gefasst und sachlich: „Ich bin froh, dass der Richter zuletzt nochmal eingehend auf den Angeklagten eingeredet hat, dass wir alle zwar wahrscheinlich nie erfahren werden, was genau passiert ist. Dennoch sei es seine Pflicht als Vater von Luca, ihm einmal die wahre Geschichte unbeschönigt zu erzählen, das sei er ihm einfach schuldig.“

Als die Sitzung gegen 16 Uhr dann geschlossen wurde, hatte Dominik R. noch wenige Minuten mit seinem Bruder, bevor er nun seine Haft in der JVA Straubing antreten wird. Lisa H.s beste Freundin wartete vor dem Gerichtsgebäude, bis der Verurteilte zum Polizei-Van gebracht wurde und schrie ihm unter Tränen noch nach: „Du hast mein ganzes Leben zerstört!“

Auch aus Kreisen seiner Freunde hieß es: „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er das wirklich getan hat, aber hängen lassen werd ich ihn jetzt trotzdem nicht.“ Seine Eltern waren während des gesamten Prozesses nicht anwesend, aus PaWo-Quellen hieß es, die Mutter wolle nicht von dem Medientrubel überrollt werden und der Vater hat wohl abgeschlossen mit Dominik. Im PaWo-Interview mit der Nebenklage wurde aber dann doch gesagt „dass man das Urteil erstmal sacken lassen muss und dann überlegt, ob man das Urteil nochmal anfechten möchte“, so Petra Hödl, die die Mutter der Getöteten vertritt.

Passau