Rechtsstreit nach zwei Stichattacken
Bundesgerichtshof hebt Urteil gegen brutalen Messerstecher auf

14.06.2019 | Stand 13.09.2023, 2:59 Uhr
Alexander Schmid
−Foto: n/a

Das Urteil wegen tödlicher Messerstiche in einer Landshuter Flüchtlingsunterkunft am 25. Dezember 2015 war noch nicht gesprochen, da stach der Iraker in Untersuchungshaft in der JVA Landshut schon wieder zu. Mit einer Bastelschere wollte er nach einem Streit mit einem Mitgefangenen beim Hofgang einen Vollzugsbeamten töten. Zehn Jahre und anschließende Sicherungsverwahrung – so lautete das Gesamturteil der ersten Landshuter Strafkammer gegen den mittlerweile 28 Jahre aIten Iraker nach zwei unabhängig voneinander geführten Prozessen in Landshut. Wie dessen Anwalt Maximilian Kaiser jetzt mitteilt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung der Landshuter Richter wegen möglicher Rechtsfehler aufgehoben und die Sache zur Überprüfung an das Landgericht zurückverwiesen.

LANDSHUT „Dass ein Freispruch erwirkt werden kann, ist eher nicht zu erwarten“, so der Sprecher des Landgerichts, Ralph Reiter auf Anfrage in der Angelegenheit. Denn aus beiden Taten sei in zwei Verfahren eine Gesamtstrafe gebildet worden. An dem Urteil wegen der tödlichen Messerstiche in der Asylbewerberunterkunft, für die der Iraker zu einer Strafe von über 7 Jahren verurteilt worden war, sei ja nicht gerüttelt worden, so Reiter.

Vielmehr gehe es um das Urteil im zweiten Fall, die Attacke auf einen Mithäftling und einen JVA-Beamten also, der später von der selben Kammer verhandelt wurde, die dann zusammen mit der Haftstrafe aus dem ersten Urteil eine Gesamtstrafe gebildet hatte. „Es geht um die Sicherungsverwahrung“, bringt es Reiter auf den Punkt.

Weil aber beide Fälle zusammengefasst wurden, muss ein neues Gesamturteil gesprochen werden. Der Fall werde jetzt von der sechsten Strafkammer am Landgericht Landshut überprüft. „Das ist die Auffangkammer für die erste Strafkammer“, so Reiter.

Zwar hat der Prozess wegen der tödlichen Stiche in der Flüchtlingsunterkunft nach der Attacke auf einen Beamten in der JVA Landshut stattgefunden, die Anklage im zweiten Fall sei damals laut Reiter aber noch nicht erhoben worden, weshalb es zu einem zweiten Prozess gekommen wäre.

Laut dem Anwalt des Irakers, der im November 2018 gegen das Urteil im JVA-Fall beim BGH Revision eingelegt hatte, wäre das höchste Strafgericht jetzt bei der Überprüfung des Urteils zu dem Schluss gekommen, dass die Annahme voller Schuldfähigkeit des Angeklagten durch das Landgericht Landshut nicht frei von Rechtsfehlern sei. Sie sei „in der Gesamtschau auch widersprüchlich“, so Kaiser. Nicht alle für den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte wären ausreichend berücksichtigt worden. Daher könne das Urteil keinen Bestand haben. „Der Bundesgerichtshof kippt damit die Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren genauso, wie die Anordnung der Sicherungsverwahrung“, so Kaiser.

Dem Landgericht Landshut liegt die Entscheidung des BGH noch nicht vor. Wann es zu einer Neuverhandlung kommt, ist derzeit noch unklar.

Nach Auffassung seines Verteidigers Maximilian Kaiser aus Landshut kann der Angeklagte jetzt mit „einer milderen Bestrafung und dem Verzicht auf Verhängung der Sicherungsverwahrung hoffen.“

Landshut