Prozess am Landgericht
Neue Motorblöcke für BMW als „Schrott“ verkauft!

26.03.2019 | Stand 21.07.2023, 12:05 Uhr
−Foto: n/a

Über ein halbes Jahr lang bediente sich der Schichtleiter bei seinem Arbeitgeber in Essenbach – ein Automobilzulieferer für BMW – und verhökerte das Diebesgut ganz dreist noch auf dem Firmengelände an Schrotthändler. Seine Beute: tonnenweise Alu und Stahl. Wegen der Schadenshöhe von knapp einer halben Million Euro verurteilte die vierte Strafkammer den bereits vorbestraften Familienvater wegen besonders schwerem Diebstahl in 44 Fällen zu zwei Jahren und zehn Monaten Knast.

LANDSHUT Nach einem Verständigungsgespräch gestand der Angeklagte zu Prozessbeginn seine illegalen Verkäufe. Wie er selbst erzählte, war der gelernte Maler und Lackierer seit 2006 bei der Essenbacher Firma beschäftigt, zuletzt als Schichtleiter. Die Firma fungiert als „verlängerte Werkbank“ indem sie Aluminiumkurbelgehäuse für BMW thermisch behandelt. Der Anklage zufolge klaute der Beschuldigte zwischen dem 7. März und 2. September 2015 in 44 Fällen aus der Produktionshalle mindestens 3.237 Aluminiumkurbelgehäuse mit einem Gesamtgewicht von 152.170 Kilogramm und 270 Trägergebinde, die insgesamt 40.048 Kilogramm Stahl entsprechen und verhökerte diese noch auf dem Firmengelände an Schrotthändler. Diesen verkaufte er die Teile als sogenannte „gesperrte Ware“, also Fehlprodukte. In Wahrheit handelte es sich um einwandfrei funktionstüchtige Gehäuse, die zur Bearbeitung anstanden.

Er beorderte die Schrotthändler je nach Schicht – meistens nachts – zum Werksgelände, öffnete das Tor und lud selbst mit einem Stapler die Ware in den LKW. Jedes Mal kassierte er 1.500 Euro für die angebliche „Schrottware“, insgesamt also 66.000 Euro. Erst als der ehemalige Werksleiter Anzeige erstattete, war Schluss.

Ein ehemaliger Arbeitskollege erzählte vor Gericht, wie er den Angeklagten mehrmals dabei beobachtete, als dieser den LKW mit Teilen beladen hatte: „Ich habe ihn darauf angesprochen, was es damit auf sich hat und ihm gesagt, es wäre besser, wenn er damit aufhören würde“, so der Zeuge. Der Angeklagte habe nur erwidert, dass er „den Mund halten“ solle, er würde schon wieder damit aufhören.

Bei der Beschuldigtenvernehmung der Polizei gab der Angeklagte an, dass er nicht eigenverantwortlich gearbeitet hätte, sondern beauftragt worden sei. Jedoch konnte diesbezüglich nichts ermittelt werden. Aufgrund des Geständnisses wurden sämtliche Zeugen abgeladen, auch die Schrotthändler. Diese hatten schon im Vorfeld angekündigt, nicht auszusagen. Der Polizei gegenüber gaben sie lediglich an, dass ihnen die Ware als Schrott angepriesen worden sei und man sich keine Gedanken darüber gemacht habe, woher die Ware stammen würde.

Staatsanwalt Thomas Lackermeier forderte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten aufgrund des „besonders schweren Falls“, dem „hohen Beutewert“ und der „sehr planvollen Art und Weise der Ausführung, mit der gewissen erkennbaren Dreistigkeit“. Verteidiger Peter Kempe sprach davon, dass es sich hier durchaus um „kein 08/15- Delikt“ handle, aber es durchaus Hinweise gebe, dass „andere beteiligt waren“. Sein Mandant habe aber letztlich die Schuld auf sich genommen und alles vollumfänglich zugegeben. Daher plädierte er für zwei Jahre und neun Monate Haft.

Die Kammer blieb knapp darüber und verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren und zehn Monaten und ordnete die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 66.000 Euro an – den „Lohn für seine kriminelle Tätigkeit“, wie der Vorsitzende Richter Theo Ziegler anschließend erklärte.

Landshut