Prozess am Landgericht Landshut
„Er ist entweder ganz lieb oder ganz böse!“

24.08.2018 | Stand 13.09.2023, 3:04 Uhr
−Foto: Foto: mr

Ein 68-jähriger Rentner aus Berglern steht vor Gericht, weil er seine Ehefrau (63) mit einem Holzknüppel auf einem öffentlichen Parkplatz in Erding brutal nieder prügelte. Ihm wird versuchter Mord vorgeworfen.

LANDSHUT. „Der Prügel sah aus wie aus einem Horrorfilm“, beschrieb die 15-jährige Zeugin die Tatwaffe. Mit diesem Holzprügel soll der 68-jährige Rentner aus Berglern versucht haben, seine Frau auf offener Straße am Rewe-Parkplatz in Erding zu erschlagen. Ihm wird versuchter Mord vorgeworfen. Am Donnerstag war der Prozessauftakt vor der als Schwurgericht tagenden ersten Strafkammer des Landgerichts Landshuts. Der 68-Jährige legte ein Teilgeständnis ab, leugnete allerdings die Tötungsabsicht.

„Mir ist klar, dass das der größte Fehler meines Lebens war“, betonte der Angeklagte während seiner Einlassung. Aber er habe sie „nie töten wollen“, sondern ihr nur „wehtun“. Zuvor berichtete er von seiner „zerrütteten Ehe“, wie seine 63-jährige Ehefrau ihn betrogen hätte, sie nur „recht und schlecht den Haushalt geführt“ habe und aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen sei. Und von ihrer „Geldgier“, nur deswegen wäre sie auch bei ihm geblieben. „Ich musste zusehen, wie sie mich abzockt“. Deshalb habe er sich für ihre Demütigungen und Schikanen „revanchieren“ wollen“.

Über eine Annonce in Tschechien lernte der 68-Jährige 2001 seine zweite Frau kennen. Ein Jahr später holte er sie zu sich nach Berglern und sie heirateten. Drei Jahre später hätten die Eheprobleme dann aus Sicht der Ehefrau bereits begonnen.

Laut Anklage lebte das Ehepaar seit August 2017 in Trennung. Nachdem er seine Frau mit einem Messer bedroht haben soll, erstattete sie Anzeige. Durch den Gewaltschutzbeschluss vom Amtsgericht Erding wurde der Ehefrau die gemeinsame Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen. Nach einer weiteren Auseinandersetzung habe ihn seine Frau erneut angezeigt – zu „Unrecht“, wie der Angeklagte vor Gericht betonte. „Wütend und gedemütigt“ über die Vorladung der Polizeiinspektion Erding vom 27. Oktober, fasste er laut Anklage den Beschluss, seine Ehefrau umzubringen.

Er habe sich einen Eschenast genommen und „schön rund“ zurecht geschnitzt. Danach sei er zur Arbeitstelle seiner Frau gefahren, um sie abzupassen. Als sie auf der Straße erschien, nahm er ihre Verfolgung auf und sei sogar kurz neben ihr hergegangen bis sie ihn bemerkt und angesehen habe. Dann habe er zugeschlagen, ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen.

Zwei Frauen am Parkplatz hörten die Hilfeschreie der 63-Jährigen und rannten zu ihr. „Ich habe mehrmals versucht, sie wegzuziehen. Aber ich war machtlos. Er hatte einen richtigen Tunnelblick“, beschrieb die Zeugin die Situation. Der Angeklagte habe erst mit dem Schlagen aufgehört, als immer mehr Passanten zu Hilfe eilten. Der Täter flüchtete, stellte sich dann aber selber der Polizei. Über die Anzahl der Schläge konnten sich die Zeugen nicht so recht einigen, nur darüber, dass der Angeklagte immer nur mit voller Wucht auf den Kopf seiner Ehefrau eingeschlagen habe.

Die Frau erlitt dabei keine lebensbedrohlichen Verletzungen. Die Wunden sind mittlerweile verheilt, wie sie erklärte. „Aber es hat so weh getan, ich dachte, ich würde es nicht überleben.“ Seitdem leide sie unter Angstzuständen und müsse Antidepressiva einnehmen. Auch sie berichtete in ihrer Zeugenaussage von den „getrübten Verhältnissen“ in der gemeinsamen Ehe, wie er sie über all die Jahre „beleidigte und erniedrigte“.

So habe er ihr mit einem Stock gedroht, dass sie Weihnachten nicht mehr erleben werde, falls sie ihre Anwältin nicht zurückhalten würde. Etwa eine Woche später kam es dann zu der Familientragödie am Parkplatz. Dennoch habe die 63-Jährige ihren Ehemann immer „gemocht“ und sei auch „nie wegen dem Geld bei ihm geblieben“. Doch bei einem ist sie sich sicher: „Er kam da hin, um mich zu töten. Mein Mann ist entweder ganz lieb oder ganz bös.“

Der Prozess wird am 29. August fortgesetzt.

Landshut