Verkehrssicherheitsbeauftragter informiert
Von Frühblinkern und Blinkmuffeln ...

05.04.2019 | Stand 04.08.2023, 15:08 Uhr
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Kaum zu glauben, aber Tatsache: Nur zwei von drei Autofahrern setzen den Blinker, wenn sie die Richtung ändern, die Spur wechseln oder aus einer Parklücke herausfahren. Das ist das Ergebnis einer ADAC-Untersuchung. Diese hohe Zahl stellt eine große Gefahr dar – sowohl für den Blinkmuffel selbst als auch für andere Verkehrsteilnehmer.

LANDKREIS KELHEIM Immerhin ist der Blinker das wichtigste Kommunikationsmittel im Straßenverkehr. Beim Abbiegen, Wechsel des Fahrstreifens oder beim Überholen kann er Missverständnisse, Überraschungseffekte und damit die Gefahr von Unfällen verringern. Wer nicht blinkt, riskiert ein Verwarnungsgeld in Höhe von zehn Euro. Kommt es zum Unfall, können die finanziellen Folgen weit höher sein.

Eigentlich ist alles ganz einfach: Rechtzeitig geblinkt werden muss immer beim Wechsel der Fahrspur, beim Überholen und wieder Einordnen, beim Vorbeifahren an einem Hindernis, bei jeder Richtungsänderung und damit auch, wenn man einer abknickenden Vorfahrt folgt. Im Kreisverkehr gilt: Beim Einfahren ist Blinken nicht zulässig, beim Ausfahren jedoch Pflicht.

Rechtzeitig ist dadurch zu definieren, dass die anderen Verkehrsteilnehmer sich auf den Abbiege- und Spurwechselvorgang einstellen können. Hierbei ist weniger die Entfernung bis zum Abbiegepunkt als eher die Zeit entscheidend. Der Bundesgerichtshof (BGH) befindet bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h ein Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers fünf Sekunden im Voraus durchaus ausreichend. Etwas praxisnaher ist die Empfehlung, auf jeden Fall mit dem Blinken zu beginnen, bevor das Lenkrad verdreht wird, um vom bisherigen Verkehrsstrom abzuweichen; bzw. bevor man den Fuß vom Gas nimmt oder sogar bremst. Wenn letztere Aktionen beim Zufahren auf eine rote Ampel erfolgen, verhält man sich in Bezug auf das Blinken so, als ob die Ampel auf Grün stände.

Dies gilt auch für abknickende Vorfahrt, sofern dieser gefolgt wird. Fährt man weiter geradeaus und verlässt die Vorfahrtsstraße, so soll nicht geblinkt werden.

Dafür, dass das alles in der Praxis offenbar doch nicht ganz so einfach ist, spricht die Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die zum Thema Blinken gefällt wurden. Hier eine Auswahl:

Kreisverkehr

Autofahrer, die sich in einem mehrspurigen Kreisverkehr auf einer innen gelegenen Fahrspur befinden und abbiegen wollen, müssen sich nach dem rechtzeitigen Setzen des Blinkers in die äußerste Fahrspur einordnen. Der Fahrtrichtungsanzeiger ist nur dann „rechtzeitig“ gesetzt, wenn sich der Verkehr auf das Abbiegen einstellen kann. Das bedeutet, dass ein Autofahrer, der plötzlich von der mittleren Spur nach rechts zieht, allein die Schuld daran trägt, dass er mit einem nachfolgenden Fahrzeug kollidiert. Er kann nicht argumentieren, der andere Autofahrer hätte den Unfall durch eine rechtzeitige unfallverhütende Reaktion (=Bremsen) vermeiden können (Kammergericht Berlin, 12 U 141/07).

Vorfahrt

Wer auf einer Vorfahrtsstraße unterwegs ist, aber rechtzeitig erkennen kann, dass ein Autofahrer im Gegenverkehr auf der Abbiegespur steht und den Blinker gesetzt hat, der darf nicht darauf vertrauen, dass er unbeschadet an diesem vorbeifahren kann. Er muss damit rechnen, dass der Abbiegewillige sein Vorhaben auch umsetzt, ohne auf den bevorrechtigten Gegenverkehr zu achten. Kommt es dann tatsächlich zur Kollision, so trägt der geradeaus steuernde Autofahrer eine Mitschuld; hier vom Landgericht Karlsruhe in Höhe von 20 Prozent festgesetzt (AZ: 3 0 335/07).

Abbiegen

Will ein aus einer Nebenstraße kommender Autofahrer nach links auf eine Hauptstraße abbiegen, so muss er unmittelbar zuvor, noch einmal nach links sehen, um festzustellen, ob er auch tatsächlich ungefährdet einbiegen kann. Tut er das nicht und kommt es deswegen zu einem Zusammenstoß, weil ein Vorfahrtsberechtigter angezeigt hatte, rechts einbiegen zu wollen, kurz vor der Kreuzung den Blinker aber wieder ausschaltete, so haftet für den Schaden der Einbiegende zu 75 Prozent. Die dreimal so hohe Schadensquote für den Auffahrenden begründete das Saarländische Oberlandesgericht damit, dass sich niemand blind darauf verlassen dürfe, dass ein vom Autofahrer gesetzter Richtungsanzeiger von ihm auch wirklich befolgt werde (AZ: 4 U 228/07-76).

Mitverschulden

Schert ein Sattelschlepper auf einer dreispurigen Autobahn – auf dem Mittelstreifen fahrend – 50 Meter vor einem Pkw auf die linke Spur aus, ohne den Blinker betätigt zu haben, so trägt seine Kfz-Haftpflichtversicherung allein den Schaden, wenn der Pkw ins Schleudern gerät, mit einem anderen Lkw zusammenstößt und die Leitplanke beschädigt. Das gilt auch dann, wenn der Pkw (wie hier) 20 km/h mehr als die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h schnell war. Der Fehler des Lkw-Führers überwog zu 100 Prozent (Oberlandesgericht München, 10 U 4976/06).

Zu früh geblinkt

Fährt ein Autofahrer auf einer Vorfahrtstraße und setzt den Blinker rechts, weil er auf einen Parkplatz abbiegen will, der hinter einer Seitenstraße liegt, aus der ein Bus kommt, so ist der Schaden hälftig zu teilen, wenn der Fahrer des Omnibusses wegen des gesetzten Blinkers davon ausgeht, der Autofahrer werde in „seine“ Straße einbiegen, er anfährt und mit dem Autofahrer kollidiert. Der Fahrer am Steuer hätte erst auf Höhe der Seitenstraße blinken müssen - der Busfahrer nicht auf das Blinken vertrauen dürfen. Die geforderten 10 000 € Schadenersatz am Wagen der Dame reduzierte das Landgericht Coburg auf 5.000 Euro. (AZ: 23 O 126/07).

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