Frühwarnsystem für ein Tabuthema
Schüler aus Straubing gewinnen Jugend-forscht-Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission

16.05.2019 | Stand 28.07.2023, 10:18 Uhr
−Foto: n/a

Drei Schüler des Ludwigsgymnasiums in Straubing erhalten den Sonderpreis „Innovationen für Menschen mit Behinderungen“ der Christoffel-Blindenmission (CBM).

STRAUBING Ein künstlicher Darm- oder Harnblasenausgang ist von der Außenwelt kaum wahrzunehmen, darüber reden ist für die meisten ein Tabu. Die drei Geschwister Gerold (12), Anna (12) und Felix Kiefl (15) haben sich des Themas trotzdem angenommen und ein System entwickelt, das den Träger eines sogenannten Stomas vor unangenehmen Situationen schützen kann. Für ihren Stoma-Warner bekommen die Schüler des Ludwigsgymnasiums in Straubing den Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission (CBM) „Innovationen für Menschen mit Behinderungen“. Der Preis wird im Rahmen des Landeswettbewerbs Bayern der Stiftung „Jugend forscht“ verliehen.

Persönliche Erfahrung motivierte die Drei zu Tüftelei

Mindestens 130.000 Stoma-Trägerinnen und Träger gibt es in Deutschland. Bei diesen Menschen wird der Harn oder Stuhlgang in einen Beutel geleitet, der mit einer Basisplatte am Bauch festgemacht ist. Fast alle Träger haben Angst davor, dass der künstliche Darmausgang undicht wird und das womöglich noch in der Öffentlichkeit. Diese Angst kommt nicht von ungefähr, denn vier von fünf Trägern machen statistisch einmal im Halbjahr die unangenehme Erfahrung, dass der Beutel ausläuft. Das passierte auch einer Verwandten von Gerold, Anna und Felix.

Die drei haben deshalb einen ringförmigen Sensor entwickelt, der Feuchtigkeit erkennt. Montiert unter der Basisplatte, warnt er den Träger frühzeitig und diskret, sobald die Basisplatte nicht mehr fest auf dem Bauch sitzt und das Stoma-System damit undicht wird. Im Tagesmodus vibriert der Warner und in der Nacht piepst er, damit der Träger zuverlässig aufwacht. Durch eine eingebaute Dichtung bleiben dem Träger dann rund fünf Minuten, um auf die Toilette zu verschwinden, bevor ein Malheur passiert.

CBM-Vorstand Dr. Rainer Brockhaus: „Die Erfindung von Anna, Gerold und Felix kann ganz vielen Menschen helfen, besser mit einem künstlichen Darmausgang zu leben. Dieses Thema ist oft ein Tabu, umso wichtiger ist es, dass es mutige junge Leute gibt, die sich nicht scheuen, sich solcher Probleme anzunehmen.“ Brockhaus betont, wie wichtig eine solche Offenheit ist: „Wir wissen aus unserer Arbeit für Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern, wie viel es vor allem auch den Betroffenen bedeutet, wenn man ihnen auf Augenhöhe begegnet. Unsere Projektpartner vor Ort behandeln sie mit Respekt, schließen sie nicht aus und helfen ihnen. Die Menschen sind dafür unendlich dankbar.“

Landessieger haben Chance auf CBM-Bundespreis

Der CBM-Sonderpreis zeichnet jedes Jahr kreative Studien und Erfindungen aus, die bei Jugend forscht eingereicht werden. Als Organisation für Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern legt die CBM Wert darauf, dass die Arbeiten gerade ihnen den Alltag erleichtern können. Denn von den eine Milliarde Menschen mit Behinderungen leben 80 Prozent in den ärmsten Regionen der Welt. Prämiert werden außerdem Arbeiten, die sich mit dem Zusammenhang von Krankheit und Behinderung befassen oder einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit leisten. Alle ausgezeichneten Landessieger haben die Chance, den von der CBM ausgeschriebenen Bundessonderpreis zu erhalten. Dieser wird im Oktober bei den Science Days in Rust vergeben und ist mit 300 Euro dotiert.

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