Mut zur Kreativität kann helfen
Corona-Krise – für Jugendämter und Familien im Landkreis Schwandorf eine große Herausforderung

21.04.2020 | Stand 13.09.2023, 6:48 Uhr
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Hausbesuche, Jugendhilfe, Kontakt zu Familien – die tägliche Arbeit der Jugendämter ist momentan aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus eingeschränkt. Im Jugendamt Schwandorf bemüht man sich trotzdem um bestmögliche und intensive Unterstützung.

Landkreis Schwandorf. Die momentane Arbeitsweise am Jugendamt Schwandorf sieht aufgrund des Coronavirus zur Zeit etwas anders aus als sonst. „Normalerweise herrscht sehr viel persönlicher Kontakt in Form von Hausbesuchen, Einrichtungen der Jugendhilfe oder Gesprächen im Amt. Dieser Kontakt fällt nun weg. Ersetzt wird dieser momentan vorrangig durch telefonische Beratung und Betreuung“, berichtet Hans Prechtl, Pressesprecher des Landratsamtes Schwandorf. Doch auch andere Stellen wie die Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Jungendtherapeuten wurden auf Notbetreuungsmodus umgestellt, so Prechtl. Die Alltagsarbeit, wie Heimunterbringungen, Vorstellungsgespräche in Heimen sowie Trennungs- und Scheidungsberatungen, sei ausgesetzt und aufgeschoben.

„Auch die Betreuung der Familien durch die Fachkräfte der ambulanten Jugendhilfe erfolgen derzeit über die modernen Kommunikationsmittel. Soweit der enge Austausch mit den Familien auch in der Krise zwingend notwendig ist, bleibt dieser unter Wahrung der infektionsrechtlich gebotenen Vorkehrungen gewährleistet.“ Nicht dringende Erledigungen, wie zum Beispiel nicht notwendige Hilfeplangespräche, werden aufgeschoben, so Prechtl. Der Kontakt zu Familien erfolgt zum Beispiel über Telefon und Mail. Ausnahmefälle müssen „im Einzelfall entschieden und sorgfältig abgewogen werden“, beispielsweise wenn ein persönlicher Kontakt zur Sicherstellung des Kindeswohl unbedingt erforderlich ist. Die aktuelle Situation sei für alle eine große Herausforderung, auch in der Arbeit mit Klienten oder den Familien: „Eine direkte Arbeit am Klienten ist derzeit nicht möglich.“

Trotz der Krisenzeiten, die zum Beispiel durch Schulschließungen für viele Eltern belastend sind, sei die Anzahl der betreuten Familien aber unverändert geblieben: „Die Fälle haben sich bislang nicht vermehrt“, erklärt Prechtl. Die Eltern seien aber zum Teil überfordert, die schulischen Anforderungen gemeinsam mit ihren Kindern zu bewältigen. „Dieses Problem wird von den Betroffenen derzeit öfters genannt.“ Viele Kinder seien in der Kinderkrippe, im Kindergarten, der Ganztagesklasse oder im Hort untergebracht, um das familiäre System zu entlasten. Auch hier wird im Einzelfall entschieden, ob eine Notbetreuung zur Aufrechterhaltung des familiären Systems dringend erforderlich ist oder nicht. Doch Prechtl betont: „Die oben genannten Einrichtungen, die häufig mehr als nur eine bloße Ergänzung der familiären Zuwendung darstellen, können in dieser Zeit nicht in der für die Kinder eigentlich benötigten Weise angeboten werden. Der geschulte Blick der Pädagogen fehlt deshalb derzeit in den allermeisten Fällen.“

Außerdem wirke sich die Ausgangsbeschränkung größtenteils auch auf die Qualität der Beratungsgespräche bei der Jugendgerichtshilfe, der Familiengerichtshilfe, dem Allgemeinen Sozialdienst oder dem Pflegekinderdienst aus. Momentan erfolgen diese nur telefonisch. „Dieses Problem kann nur schwer kompensiert werden, da zu dessen Bewältigung oft größere Gesprächsrunden mit mehreren Beteiligten benötigt werden“, schildert Prechtl. Dies sei derzeit nur schwierig umsetzbar. Er erklärt weiter: „Darüber hinaus müssen wir leider auch durch die drastische Senkung der Hausbesuche, die nur noch bei drohender Kindeswohlgefährdung in Einzelfällen in Erwägung gezogen werden, mit Rückschritten und Auffälligkeiten von Familien rechnen, die sonst durch die ambulanten Hilfen bei der Erziehung ihre Aufgaben bewältigen können.“

Neben den schwierigen Lebensbedingungen, wie Wohnverhältnisse oder finanzielle Probleme, benötigen Kinder in Problemfamilien in dieser Zeit zusätzlich noch eine dauerhafte Betreuung. „Viele Erziehungsberechtigte kommen daher jetzt gerade an ihr Leistungslimit“, so Prechtl. Bei Problemen können sich die Betroffenen an das Jugendamt oder an die Erziehungsberatung wenden. „Gerade jetzt ist Hilfe und Unterstützung für die Eltern notwendig. Wir bemühen uns sehr, diesem Anspruch gerecht zu werden“, betont Prechtl. Er versichert: „Wir geben unser Bestes, da wir uns unserer großen Verantwortung bewusst sind und dieser auch mit großer Sorgfalt nachkommen möchten. Die Mitarbeiter bemühen sich deshalb, durch vermehrte und intensive telefonische Gespräche auftretende Probleme in den Familien frühzeitig zu erkennen. Eine tiefergehende Einschätzung der Lage in den Familien ohne persönlichen Kontakt vor Ort ist und bleibt dennoch äußerst schwierig.“

Das Jugendamt empfiehlt besonders in diesen Zeiten einen geregelten Tagesablauf und eine gewisse Struktur. Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales hilft hier mit Tipps, um den individuellen Alltag bestmöglich zu organisieren und zu bewältigen. Die Tipps gibt es im Internet unter www.stmas.bayern.de. Prechtl empfiehlt außerdem vor allem Mut zur Kreativität und gibt als Denkanstoß, um „einen Ausgleich zwischen Arbeit und Spaß zu schaffen“, folgende Tipps: Kinder können beim Kochen und Backen, Wäschezusammenlegen, Staubsaugen, Putzen, der Gartenarbeit und so weiter helfen. Outdoor-Aktivitäten wie Laufen, Radfahren, Spazierengehen im Wald und so weiter oder Indoor-Aktivitäten wie Gesellschaftsspiele, Puzzlen, Basteln, Zeichnen oder das Vorlesen von Büchern – „der Kreativität ist hier keine Grenzen gesetzt“. Der Fernsehkonsum, die Zeit an der Spielkonsole oder das Spielen auf dem Smartphone sollte nicht als Ersatz gegen die scheinbare Langeweile benutzt werden.

Schwandorf