„Schrecklichste Stunde“
Bombennacht am 17. April 1945 in Schwandorf – Gedenkfeier muss wegen der Corona-Pandemie entfallen

16.04.2020 | Stand 13.09.2023, 0:37 Uhr
−Foto: n/a

Am 17. April 2020 jährt sich zum 75. Mal der Bombenangriff auf die Stadt Schwandorf. Normalerweise begeht die Stadt diesen Tag mit einer ökumenischen Gedenkstunde am Ehrenmal in der Fichtlanlage. In Zeiten von Corona ist auch das anders ...

Schwandorf. Jener 17. April 1945 geht als „schrecklichste Stunde unserer Stadt“ in die Geschichte ein. „Um 3.52 Uhr morgens begann der Bombenangriff britischer und kanadischer Fliegerverbände auf unsere, bis zu diesem Zeitpunkt von Luftangriffen fast verschonte Heimatstadt. Die Bombardierung dauerte 15 Minuten. Es fiel eine Bombenlast von über 600 Tonnen. Danach waren 1.250 Menschen tot, Tausende waren verletzt“, so Schwandorfs Oberbürgermeister Andreas Feller.

Wegen der Corona-Pandemie kann nun die traditionelle Gedenkstunde im Jahr 2020 nicht stattfinden.

Das Grußwort von Andreas Feller

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, alljährlich kommen wir zusammen, um uns gemeinsam der schrecklichen und tragischen Ereignisse der Nacht vom 17. April 1945 zu erinnern und der vielen Opfer zu gedenken. In diesem Jahr jährt sich die schrecklichste Stunde unserer Stadt zum 75. Mal. Doch dieses Jahr muss die Gedenkfeier leider entfallen. Das Corona-Virus und die staatlichen Maßnahmen, die uns vor Infektionen schützen sollen, beherrschen unser aktuelles Leben.

Damals vor 75 Jahren hatten die Menschen andere Ängste und Sorgen. Der 2. Weltkrieg hatte unserer Stadt tiefste Wunden geschlagen und Leid, Not, Entbehrung, Entwurzelung, Verzweiflung und Tod gebracht. Doch mit dem alliierten Bombenangriff in den letzten Kriegstagen kam der Krieg, unter dem die Menschen schon sechs Jahre litten, in seiner ganzen Grausamkeit nach Schwandorf. Wir rufen uns die dramatischen Ereignisse dieses 17. Aprils in Erinnerung, als unsere Heimatstadt in Schutt und Asche versank.

Um 3.52 Uhr morgens begann der Bombenangriff britischer und kanadischer Fliegerverbände auf unsere, bis zu diesem Zeitpunkt von Luftangriffen fast verschonte Heimatstadt. Die Bombardierung dauerte 15 Minuten. Es fiel eine Bombenlast von über 600 Tonnen. Danach waren 1250 Menschen tot, Tausende waren verletzt. 68 Prozent der Wohnungen waren unbewohnbar geworden und die städtischen Versorgungsanlagen – Wasser, Strom, Kanalisation – waren bis zu 90 Prozent ausgefallen. Hinter diesen nüchternen Zahlen und Angaben verbergen sich das Elend, der Schmerz, die Trauer und die Not einer ganzen Stadt. Wir können nicht im Geringsten erahnen, wie die Schwandorfer Bürgerinnen und Bürger gelitten haben. Doch trotz der unfassbaren Katastrophe verzagten unsere Bürgerinnen und Bürger nicht und nahmen mit starkem Willen die Herausforderung des Wiederaufbaus an. Sie begannen mit einer großartigen Gemeinschaftsleistung die zerstörte Heimatstadt wiederaufzubauen und aus den Trümmern unserer fast völlig zerstörten Stadt entwickelte sich unser heutiges modernes Schwandorf.

Heute – 75 Jahre – nach dem wohl schrecklichsten Geschehen in der Geschichte unserer Stadt – gedenken wir der tragischen Ereignisse und sind dankbar, dass wir seit Jahrzehnten in Frieden und Wohlstand leben dürfen. Was unsere Vorfahren nach Ende des Krieges mit starkem Willen, Schaffenskraft und Verantwortungsbewusstsein geleistet haben verdient Respekt und Anerkennung. Wir können der Generation des Wiederaufbaus nicht genug danken, denn ohne ihre Entschlossenheit und ihren Durchhaltewillen wäre ein Neuanfang nicht möglich gewesen.

Heute stellt die Corona-Pandemie unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Der Kampf gegen das Virus und die Auswirkungen der Pandemie stellt uns auf eine harte Probe. Wir bangen um unsere Familie, unsere Gesundheit und um unsere Zukunft. Doch trotz der ernsten Situation bin ich mir sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, diese Krise mit Solidarität, Fürsorge und gegenseitiger Hilfe zu überwinden.

Unsere Stadt hat vor 75 Jahren den Tag der Zerstörung zu einem Neubeginn genutzt und heute lebt ein neues Schwandorf. Nutzen wir die Erfahrungen aus der Vergangenheit als Richtschnur für unser Verhalten in der Gegenwart und für Aufgaben, die auf uns warten. Es liegt an uns allen, aus der Vergangenheit die richtigen Lehren für eine friedliche Zukunft zu ziehen. Lassen Sie uns Verantwortung für uns, unsere Stadt und die Gesellschaft in der wir leben, übernehmen. Wir müssen zusammenhalten, nicht nur in der jetzigen Corona-Krise, und füreinander einstehen. Es liegt an uns zu entscheiden, in welcher Welt und in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben werden. Das sind wir unseren Vorfahren, aber auch unseren Kindern und Kindeskindern schuldig.

In diesem Sinne wollen wir die Erinnerung an den für unsere Stadt und ihre Bürger so verhängnisvollen 17. April 1945 bewahren und der Toten dieses Tages gedenken.

Schwandorf