Friedrich-Ebert-Stiftung
Trump oder Biden – wer wird der nächste US-Präsident?

29.10.2020 | Stand 20.07.2023, 23:44 Uhr
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Der nächste Präsident der USA wird Joe Biden heißen, davon geht Knut Detlefsen, der Leiter des Washington-Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung aus. Der US-Experte war Gast beim 50. Regensburger Gespräch der Friedrich-Ebert-Stiftung, das am Montag, 26. Oktober, unter Corona-Bedingungen stattfand.

Regensburg. 25 Teilnehmer verfolgten die von Politikwissenschaftler Prof. Dr. Markus Bresinsky moderierte Veranstaltung vor Ort im Regensburger Marina-Forum, während über 100 Teilnehmer online teilnahmen. Detlefsen beschreibt die USA als ein nervöses und gespaltenes Land, das nach vier Jahren Trump-Präsidentschaft einen Präsidenten brauche, der den Menschen Halt gebe und die Nation eine. Diese Rolle traut Detlefsen nur dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden zu. Dieser führe in aktuellen Umfragen um durchschnittlich acht Prozent vor Amtsinhaber Donald Trump.

Viele ehemalige Trump-Wähler – wie weiße Frauen oder ältere US-Amerikaner – hätten sich laut Detlefsen in den vergangenen Monaten vom gegenwärtigen Amtsinhaber abgewandt. Vor allem aus einem Grund: Trumps Unfähigkeit mit der Corona-Pandemie umzugehen. Doch falls Biden gewinnt, wovon Detlefsen ausgeht, tritt Biden im Januar 2021 ein schweres Erbe an. „Die USA stecken im Moment in einer tiefen Krise“, sagt Detlefsen. Die Corona-Pandemie habe bisher bereits über 200.000 Tote gefordert, über acht Millionen US-Amerikaner haben sich mit dem Virus infiziert. „In der Corona-Pandemie hat Donald Trump komplett versagt“, sagt Detlefsen. Im Moment sei besonders das Gesundheitssystem in Staaten des Mittleren Westen überlastet, so Detlefsen.

Gleichzeitig erleben die USA eine tiefe Wirtschaftskrise: 26 Millionen US-Amerikaner haben Arbeitslosenhilfe beantragt, die Arbeitslosigkeit ist um das Doppelte gestiegen. Dazu käme laut Detlefsen ein systematischer Rassismus, den Trump beständig leugne. Viele Menschen gingen im Zuge der Black-Lives-Matter Bewegung auf die Straße, weil Minderheiten – anders als Trump behauptet – eben keinen gleichberechtigten Zugang zu bestimmten Leistungen hätten. „Im Moment ist das Vertrauen der US-Amerikaner in ihren Staat gering“, so Detlefsen. Dabei wünschte sich die Mehrheit der US-Amerikaner einen handlungsfähigen Staat, der sie vor Lebensrisiken wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit absichere, so der Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington.

Die republikanische Partei habe in ihrem Wahlkampf lediglich auf den Slogan „Make America great again“ und ihren Kandidaten Donald Trump gesetzt. Die Demokraten dagegen hätten sich in einem aufwendigen Prozess ein umfassendes Wahlprogramm gegeben, das Lösungen für drängende Probleme wie das Abschmelzen der Mittelschicht und das marode Gesundheitssystem präsentiere. Joe Bidens Programm beschreibt Detlefsen dabei als das politisch-progressivste, mit dem jemals ein Präsidentschaftskandidat angetreten ist. „Die Demokraten versprechen in ihrem Programm mehr staatliche Leistungen für untere und mittlere Bevölkerungsgruppen, ein besseres Gesundheitssystem und mehr sozialen Wohnungsbau“, so der US-Experte. Biden will zudem in den nächsten vier Jahren zwei Milliarden US-Dollar in saubere Mobilität und klimafreundliche Energieversorgung investieren und damit gleichzeitig Arbeitsplätze in diesen Bereichen schaffen.

Wie wird Biden als neuer Präsident außenpolitisch handeln? Detlefsen geht davon aus, dass Biden nur leichte Veränderungen beim bereits sehr hohen Militärbudget vornehmen wird und die Rolle der USA als militärischer Hegemon nicht in Frage stellen wird. Doch werde Biden nicht nur auf klassische militärische Mittel setzen, sondern auch Geld für den Kampf gegen Pandemien und andere „softe“ Herausforderungen ausgeben. Zudem habe Biden vor, wieder auf „alte“ Verbündete wie Deutschland zuzugehen und auf gemeinsames internationales Vorgehen zu setzen. Er werde auch internationalen Abkommen wie dem Pariser Klimaabkommen und UN-Organisationen wieder beitreten, so Detlefsen.

Die zahlreichen Fragen aus dem Publikum beantwortete Detlefsen versiert. Auf die Frage, ob es zu einem Bürgerkrieg kommen werde, wenn Biden gewinne und Trump die Wahl nicht anerkenne, gibt sich Detlefsen optimistisch: „Ich glaube nicht, dass es zu einem Bürgerkrieg kommt. Die Institutionen der USA sind gefestigt und die Rechtstaatlichkeit tief ausgeprägt“, sagt Detlefsen. Außerdem hätten die Sicherheitsorgane bekräftigt, sich nicht zugunsten eines Kandidaten einspannen zu lassen, sondern fest auf dem Boden der Verfassung zu stehen.

Regensburg