Sicherheit der Menschen
Libyen Gipfel – „Sea-Eye“ fordert menschenrechtsbasierte und humanitäre, europäische Politik

19.01.2020 | Stand 03.08.2023, 22:27 Uhr
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Wenige Tage nachdem man dem „Sea-Eye“-Gründer Michael Buschheuer für die Gründung der Seenotrettungsorganisation „Sea-Eye“ den Georg-Elser-Preis für besondere Zivilcourage und zivilen Ungehorsam gegen Staatsgewalt in München verlieh, empfängt die Bundesregierung am Sonntag Diktatoren und Warlords in der deutschen Hauptstadt.

REGENSBURG Anlässlich des so genannten Libyen-Gipfels in Berlin adressiert „Sea-Eye“ wichtige Forderungen an die Bundesregierung und die Bundeskanzlerin.

Europa muss den Weg zu einer menschenrechtsbasierten und humanitären gemeinsamen Außenpolitik finden. Die Bundesregierung muss ihren Einfluss geltend machen, um den Frieden in Libyen zu fördern und sichere Schutzräume für Geflüchtete in Libyen zu schaffen, die idealerweise unter der Kontrolle der Vereinten Nationen und nicht von libyschen Milizionären, Menschenhändlern oder Warlords stehen. Die Zusammenarbeit mit einem undurchsichtigen, gewaltbereiten Geflecht von libyschen Küstenwächtern muss durch eine europäische Marineoperation ersetzt werden, die darauf ausgelegt ist, möglichst viele Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Zivile Seenotrettungsorganisationen müssen in ihren Bemühungen Menschenleben zu retten unterstützt und gefördert werden. Die Rettungsleitstellen von Rom und Valletta müssen zu einer Kooperation mit den Hilfsorganisationen zurückkehren. Deren Zusammenarbeit rettete zwischen 2016 und 2018 zehntausenden Menschen das Leben. Familien mit Kindern und unbegleitete Minderjährige müssen aus humanitären Gründen sofort aus Libyen evakuiert werden. Menschenhandel und Schlepper bekämpft die Europäische Union am besten mit humanitären Korridoren und sicheren Fluchtwegen.

„Wie kann man in Berlin einerseits ernsthaft mit Warlords über einen Waffenstillstand in Libyen verhandeln und zeitgleich zu der Ansicht gekommen sein, dass es in Ordnung ist, systematisch Menschen von der Flucht abzuhalten und sie in das Bürgerkriegsland zurückzuzwingen?“, fragt Gorden Isler, Vorsitzender von „Sea-Eye“.

Die Bundesregierung unterstützt und finanziert zusammen mit anderen EU-Mitgliedsstaaten die sogenannte libysche Küstenwache, um Menschen auf der Flucht auf dem Mittelmeer abzufangen und zurück in das Bürgerkriegsland zu bringen. Völkerrechtler reden von einer Untergrabung grundlegender Menschenrechte.

„Genau durch diesen Kreislauf aus unkontrollierbaren Lagern, dem Abfangen von Menschen auf dem Mittelmeer und dem Zurückbringen in eben diese Lager entstand ein unerträglicher Mechanismus systematischer Menschenrechtsverletzungen, dessen politische Architekten in den Regierungen Europas sitzen“, sagt Julian Pahlke, Sprecher von „Sea-Eye“.

Die „Alan Kurdi“ wurde im Oktober 2019 selbst bei einem Seenotfall von einer bewaffneten libyschen Miliz überfallen und bedroht. Für die sogenannte Seepolizei von Zuwara blieb dieser Vorfall ohne Konsequenzen. Eine gerettete Frau berichtete den Menschenrechtsbeobachtern an Bord der „Alan Kurdi“ im November, dass sie in einem Lager mit ansehen musste, wie ein Neugeborenes einer Somalierin an einen wilden Hund verfüttert wurde.

„Die Bundesregierung kann die gesunkene Zahl der Asylanträge in Deutschland und Europa nicht als Erfolg verkaufen, während die Menschen in Libyen den höchstmöglichen Preis dafür zahlen. Die Verbrechen an den Menschen in Libyen gehen über die Bedeutung des Wortes Gewalt hinaus. Wir erwarten, dass die Sicherheit fliehender Menschen höchste Priorität bei den Gesprächen in Berlin hat. Die Bundesregierung ist in der Verantwortung“, sagt Isler weiter.

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