Nach Anschlag in Halle
Regensburg steht zur jüdischen Gemeinde

22.10.2019 | Stand 13.09.2023, 0:47 Uhr
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„Gestern noch haben wir zusammen weitere Stolpersteine in unserer Stadt verlegt, um den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken und uns auch zu ermahnen, so etwas nie wieder zuzulassen. Heute, am Versöhnungsfest Yom Kippur, erreichen uns Nachrichten über den Anschlag aus Halle. Das betrifft uns alle“, so schrieb Regensburgs Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer am Mittwoch, 9. Oktober, auf Facebook.

REGENSBURG Der Anschlag von Halle, der zwei Todesopfer forderte, wirkte auch in Regensburg nach. „Dass wir das jüdische Leben in der Mitte unserer Gesellschaft fest verankern, ist heute wichtiger denn je. Dafür soll die neue Synagoge ein noch stärkeres Symbol sein als ihre Vorgängerin. Antisemitismus hat keinen Platz in Regensburg. Daher müssen wir in Prävention und Bildung investieren, die Erinnerung an den Holocaust wahren und uns mutig gegen jedes Anzeichen von Hass und Rassismus stellen. Es muss aber auch ein verbessertes Sicherheitskonzept für die Regensburger Synagoge geben“, so die Bürgermeisterin auf Wochenblatt-Anfrage.

Auch viele Bürgerinnen und Bürger in Regensburg zeigten sich betroffen von der Tat eines mutmaßlichen Rechtsextremisten. Dieser hatte versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Als ihm dies nicht gelang, erschoss er eine Passantin. In einem Döner-Imbiss tötete er einen Mann. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und Angehörigen“, schrieb auch Maltz-Schwarzfischer auf Facebook. Eine Welle der Anteilnahme schwappte durch ganz Deutschland. Mahnwachen an und Menschenketten um Synagogen und jüdische Zentren zeigten die Solidarität der Bevölkerung mit den jüdischen Gemeinden. So hatten sich in Regensburg am Donnerstagabend, 10. Oktober, rund 200 Menschen zu einer Mahnwache vor der neuen Synagoge eingefunden. Unter dem Motto „Wir stehen zusammen“ zeigten die Menschen ihre Anteilnahme und auch ihre Solidarität mit den Juden in der Stadt. „Wir zeigen uns solidarisch und stellen uns schützend vor alle Jüdinnen, Juden und von antisemitischer und rassistischer Gewalt betroffenen Menschen“, so der Aufruf zur Mahnwache.

Schutz bietet vor allem auch die Präsenz der Polizei im Umfeld jüdischer Einrichtungen: Ilse Danziger von der jüdischen Gemeinde in Regensburg berichtet auf Wochenblatt-Anfrage, dass man „in ständigem guten Einvernehmen mit der Polizei“ stehe. „Diese erhält wöchentlich einen Zeitplan über Gottesdienste, Schulunterricht und sämtliche Veranstaltungen, die in unserem Haus stattfinden. Während der genannten Zeiten ist fast immer eine Polizeistreife vor dem Haus“, berichtet die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Regensburg. Eine Sicherheitsfirma wurde zudem mit dem Pfortendienst beauftragt.

Bis auf Weiteres, so Florian Beck, Pressesprecher am Polizeipräsidium Oberpfalz in Regensburg, habe man den Schutz der jüdischen Einrichtungen, wie zum Beispiel Synagogen, und auch der Schutz für Gedenkstätten intensiviert. In der Oberpfalz werden die Synagogen in Regensburg, Amberg und Weiden betreut. Aber auch die Gedenkstätten in Flossenbürg (Landkreis Neustadt an der Waldnaab) und Neunburg vorm Wald (Landkreis Schwandorf) sowie die Begegnungsstätte in Sulzbach-Rosenberg (Landkreis Amberg-Sulzbach) fallen unter das Schutzkonzept der Polizei.

„Aus Anlass der aktuellen Ereignisse wird dieser Schutz von der Polizei erneut überprüft und gegebenenfalls erhöht. Die Präsenz der Polizei vor jüdischen Einrichtungen wird verstärkt. Schlimm, dass es nötig ist – gut, dass es geschieht“, sagten dazu Dr. Ludwig Spaenle und André Freud, die Sprecher des jüdischen Forums in der CSU bei einem Besuch in Nürnberg. „Jüdische Gemeinden in Bayern sind gut geschützt“, so die CSU-Politiker. In der Zwischenzeit wurde Haftbefehl gegen den deutschen Staatsangehörigen Stephan B. erlassen – „wegen Verdachts des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiterer Straftaten“, so der Generalbundesanwalt. Fraglich ist, „ob der Beschuldigte die von ihm mitgeführten Waffen und Sprengsätze selbst hergestellt oder sich auf andere Weise verschafft hat. Die kriminaltechnische Untersuchung dieser Gegenstände ist noch nicht abgeschlossen“. Unklar ist auch, ob Stephan B. Helfer bei der Vorbereitung oder der Durchführung des Anschlags in Halle hatte. „Bislang fehlen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte an eine rechtsterroristische Vereinigung angebunden war oder ein sonstiger Zusammenhang mit einer solchen Vereinigung besteht.“ Die Ermittlungen hierzu dauern an.

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