Warten auf schriftliche Urteilsgründe
Urteil hat „zunächst keine Auswirkungen auf die vorläufige Dienstenthebung des Oberbürgermeisters“

03.07.2019 | Stand 29.07.2023, 7:00 Uhr
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Der mit Urteil von Mittwoch, 3. Juli, erfolgte Schuldspruch unter Absehen von Strafe gegen Joachim Wolbergs hat nach Mitteilung des Landesanwaltschaft Bayern „zunächst keine Auswirkungen auf die vorläufige Dienstenthebung des Oberbürgermeisters“.

REGENSBURG Die Landesanwaltschaft Bayern hat den Oberbürgermeister der Stadt Regensburg im Januar 2017 vorläufig des Dienstes enthoben und diese Entscheidung auch vor dem Hintergrund der rechtlichen Einschätzung des Landgerichts Regensburg vom März 2018, die Anklage der Staatsanwaltschaft Regensburg im Tatkomplex „Bauteam Tretzel“ nicht wegen Bestechlichkeit, sondern wegen Vorteilsannahme und Verstößen gegen das Parteiengesetz zuzulassen, aufrecht erhalten (Pressemitteilungen der Landesanwaltschaft Bayern vom 27.01.2017 und 02.05.2018).

Die Disziplinarbehörde ist gehalten, die Angemessenheit der von ihr angeordneten vorläufigen Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen und an möglicherweise veränderte Umstände anzupassen. Die Landesanwaltschaft Bayern wird daher die schriftlichen Urteilsgründe im gegenwärtigen Verfahren prüfen, sobald sie vorliegen, und entscheiden, ob die Voraussetzungen für die vorläufige Dienstenthebung weiterhin vorliegen. Über das Ergebnis der Prüfung wird die Landesanwaltschaft Bayern durch Pressemitteilung informieren.

Unabhängig vom heutigen Urteil wird seitens der Landesanwaltschaft auf Folgendes hinzuweisen: Mit Beschluss vom 16. April 2019 hat das Oberlandesgericht Nürnberg bezüglich eines anderen Tatkomplexes („Immobilienzentrum Regensburg“) einen hinreichenden Tatverdacht wegen Bestechlichkeit bejaht und die Anklage gegen Oberbürgermeister Wolbergs zur Hauptverhandlung zugelassen (Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 17. April 2019). Im Mai 2019 hat die Landesanwaltschaft Bayern nach Prüfung des Beschlusses vom 16. April 2019 das Disziplinarverfahren fortgesetzt und auf den Sachverhalt der zweiten zugelassenen Anklage ausgedehnt. Es handelt sich dabei um einen die vorläufige Dienstenthebung selbständig tragenden Sachverhalt. Im Rahmen ihrer Prognoseentscheidung hat die Landesanwaltschaft Bayern hierbei berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung der Vorwurf der Bestechlichkeit in der Regel zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führt. Im Falle einer rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten wäre das Beamtenverhältnis sogar von Gesetzes wegen beendet.

Unabhängig von der vorläufigen Dienstenthebung bleibt das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss der Strafverfahren weiter ausgesetzt.

Rechtlicher Hintergrund:

Nach Art. 39 Abs. 1 des Bayerischen Disziplinargesetzes können vorläufige Maßnahmen ungeachtet der Unschuldsvermutung dann angeordnet oder aufrechterhalten werden, wenn im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mit überwiegen der Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht oder durch ein Verbleiben des Beamten im Amt eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs anzunehmen wäre. Der betroffene Beamte kann jederzeit beim zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf Aussetzung der angeordneten Maßnahmen stellen. Das Bayerische Disziplinargesetz sieht in Art. 24 Abs. 1 die Aussetzung des Disziplinarverfahrens zwingend vor, wenn es sich sowohl im Strafverfahren als auch im Disziplinarverfahren im Wesentlichen um dieselben tatsächlichen Vorwürfe handelt.

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