„Fast Freispruch“
Urteil im Wolbergs-Prozess – „ich bin dem Gericht dankbar für die klaren Worte“

03.07.2019 | Stand 13.09.2023, 3:02 Uhr
−Foto: Foto: Ursula Hildebrand

„Ich bin dem Gericht dankbar für die klaren Worte“, sagte Joachim Wolbergs am Mittwoch, 3. Juli, kurz nach der Urteilsverkündung im so genannten Regensburger Korruptionsprozess. Zuvor hatte Richterin Elke Escher Wolbergs der Vorteilsannahme in zwei Fällen aus den Jahren 2015 und 2016 schuldig gesprochen. Die erlittenen Belastungen der letzten drei Jahre wertete die Kammer als so schwer, dass nun von einer weiteren Strafe abgesehen wurde. In allen anderen angeklagten Fällen wurde Wolbergs freigesprochen.

REGENSBURG „Klarer geht es nicht“, sagte Wolbergs weiter. „Wer immer noch behauptet, ich sei ein korrupter Politiker, der muss sich schon gelegentlich fragen lassen, was da eigentlich los ist.“ Das Gericht hatte zuvor eindeutig festgestellt, dass Wolbergs keine rechtswidrige Diensthandlung begangen hat, er habe sich nicht kaufen lassen – und stehe nun vor den Trümmern seines Lebens.

Escher beschäftigte sich auch mit der Frage, wie es so weit kommen konnte, dass die Bewertung der Kammer so sehr entfernt ist von der Bewertung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte schließlich 4,5 Jahre Haft für Wohlbergs gefordert. Und dann setzte Escher ein wahres Feuerwerk in Richtung der Staatsanwaltschaft ab – für diese allerdings kein schönes! Die beiden Staatsanwältinnen hätten versucht „zu retten, was noch zu retten ist“, so Escher. In den vergangenen neun Monaten habe man in die Hauptverhandlung alles hineingepackt, was nur ginge. Der Eröffnungsbeschluss sei auch eine Chance für die Staatsanwaltschaft gewesen, jedoch habe man die Einschätzungen der Kammer völlig ignoriert und weiter auf die eigenen, „sehr fern liegenden“ Überlegungen beharrt. Entlastende Beweise seien weitgehend ignoriert worden, man habe nur nach Belastungsmomenten gesucht.

In Sachen Glaubwürdigkeit stellte sich Escher klar auf die Seite von Joachim Wolbergs. Die Staatsanwaltschaft habe ihm nicht geglaubt, „wir haben ihm geglaubt“, führte sie im Namen der Kammer aus. Wolbergs‘ Einlassungen seien sehr differenziert gewesen, er sei keine Antwort schuldig geblieben. Auch seine Antworten spontan und ohne vorherige Absprachen mit den Anwälten erfolgt, man sehe seitens der Kammer keine „Anhaltspunkte für ein Taktieren“.

Wolbergs wurde letztlich in zwei Fällen der Vorteilsannahme schuldig gesprochen. Konkret geht es um zwei Spendenzahlungen aus den Jahren 2015 und 2016 in Höhe von zusammen rund 150.000 Euro. Wolbergs sei hier dem Irrtum erlegen, diese Spenden annehmen zu dürfen. Wolbergs habe keine persönlichen Vorteile für sich erlangt, er habe keine rechtswidrige Diensthandlung begangen. Die Themenkomplexe Wohnungskäufe, Renovierung des Ferienhäuschens und Zahlungen an den SSV Jahn haben sich als substanzlos erwiesen, so Escher. Eine Bestrafung sah das Gericht als „verfehlt“ an, da die Beeinträchtigungen, die Wolbergs die vergangenen drei Jahre bis zum Urteil erlitten hatte, sehr hoch waren. Escher führte hier insbesondere die lange Dauer des Verfahrens, die Inhaftierung, für die es nach heutigem Stand der Dinge keine Veranlassung gegeben hatte, und die Suspendierung an.

Letztere, die Suspendierung nämlich, steht nun im Raum. Hier ist die Landesanwaltschaft am Zuge, eine Entscheidung zu fällen. „Natürlich muss die Suspendierung aufgehoben werden, über diese Stadt ist der Schleier der Korruption gelegt worden – und das ist alles Unsinn“, so Wolbergs. „Ich habe drei Jahre verloren“, sagte er – mit Tränen in den Augen.

Auch über die weiteren Angeklagten – Volker Tretzel, Franz W. und Norbert Hartl – wurde heute das Urteil gesprochen. Volker Tretzel wurde wegen Vorteilsgewährung und Verstoßes gegen das Parteiengesetz zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Frist beträgt drei Jahre. Tretzel muss zudem insgesamt mehrere hunderttausend Euro an einige gemeinnützige Organisationen zahlen. Franz W. hat sich als Organisator der Spenden als Mittäter schuldig gemacht, er wurde zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Norbert Hartl wurde freigesprochen, es hat keine Tat des Joachim Wolbergs gegeben, zu der Hartl hätte Beihilfe leisten können.

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