Persönliche Begegnung
Europaausschüsse des Landtags und des tschechischen Parlaments treffen sich in Wörth an der Donau

05.06.2019 | Stand 28.07.2023, 10:55 Uhr
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Es war ein historisches Treffen und ein bayerisch-tschechischer Schulterschluss: Erstmals haben sich Delegationen der Europaausschüsse im Tschechischen Parlament und dem Bayerischen Landtag zu einer gemeinsamen Sitzung unter Leitung der beiden Vorsitzenden Tobias Gotthardt (Freie Wähler) und seines tschechischen Amtskollegen Ondřej Benešík (KDU) auf Schloss Wörth getroffen.

WÖRTH AN DER DONAU Neben zahlreichen gemeinsamen Themen diskutierten die Abgeordneten auch die weitere Zusammenarbeit zwischen den Ausschüssen: „Wir werden künftig unsere Positionen regelmäßig diskutieren und diese, wo wir gemeinsame Interessen haben, miteinander vertreten“, so Gotthardt. Die „persönliche Begegnung zwischen Politikern aus Tschechien und Bayern“ solle mit den Ausschussvorsitzenden „ein Gesicht bekommen“. Besiegelt haben Gotthardt und Benešík das abschließend mit einem festen „Handschlag von Wörth“.

Den Ort für dieses historische Treffen hatte der bayerische Europaausschussvorsitzende Tobias Gotthardt bewusst ausgesucht: Schon 1806 wurde im Wörther Rondellzimmer mit der Unterzeichnung der Rheinbundakte durch Erzkanzler Carl Theodor von Dalberg europäische Geschichte geschrieben. 1950 hat sich auf Schloss Wörth die Jugendorganisation der deutsch-tschechischen Ackermann-Gemeinde gegründet, die sich unter dem Namen „Junge Aktion“ bis heute um die deutsch-tschechische Freundschaft kümmert. „Schloss Wörth atmet einen europäischen Geist, an den wir anknüpfen“. Als Nachbarn hätten beide Lösungen viele Berührungspunkte, gerade auch bei europapolitischen Fragen. „Es ist nur logisch, wenn wir uns hierbei eng abstimmen und gemeinsam nach Lösungen suchen“, sagte Gotthardt. Er hatte das Treffen auf Schloss Wörth, und damit quasi auf halber Strecke Weges zwischen München und Prag, initiiert. Sein Vorsitzender-Kollege Ondřej Benešík freute sich über das Treffen der beiden Ausschüsse: „Zwischen Prag und München ist eine Verbindung gefunden. Jetzt geht es darum, alle Kräfte einzusetzen, um diesen Korridor zu stärken – zum Vorteil unserer Länder.“

Zunächst aber diskutierten die Abgeordneten fachbezogene Themen. Allem voran den Ausbau der Schienenverbindung zwischen München und Prag. Bei der Elektrifizierung ab Regensburg sei, so Jürgen Mistol (Grüne), Deutschland schwer in der Bringschuld: „Es kann nicht sein, dass man heut noch immer mit einem rattelnden Bummelzug zwischen zwei europäischen Metropolen verkehrt“, so Gotthardt. Deutlich mehr Einsatz fordern er und sein Chamer CSU-Kollege Dr. Gerhard Hopp im Bereich der Sprachförderung: „Die Sprachbildung vom Kindergartenalter angefangen ist ein Schlüssel für die Verständigung.“

Eine Sicherung der Finanzierung für die „im bayerisch-tschechischen Raum vorbildhafte“, grenzübergreifende Zusammenarbeit im neuen Mehrjährigen Finanzrahmen der EU forderte Jan Zahradník (ODS). Sein Parlamentskollege Jiří Valenta (KSCM) bedauerte die bisherige Inaktivität der deutsch-tschechischen Parlamentariergruppe. Mit der Zusammenarbeit der Europaausschüsse setze man hier „neue Standards des Miteinanders“. Diese forderte Abgeordnete Jana Levová (SPD) auch für den Mittelstand: Gerade auf tschechischer Seite fehle oft „das Wissen über den richtigen Partner in Bayern“. Ein Punkt, den Gotthardt und die bayerischen Abgeordneten durch Handwerkskammer und IHK sowie deren Büros in Tschechien gut abgedeckt sehen. Weitere Forderungen waren unter anderem eine weitere Institutionalisierung der Zusammenarbeit von Florian Siekmann (Grüne) sowie ein stärkerer Jugendaustausch durch Gabi Schmidt (Freie Wähler). Für Gotthardt ist zudem klar: „Wir müssen die Zahl bayerisch-tschechischer Städtepartnerschaften deutlich erhöhen.“

Intensiv diskutiert haben die Abgeordneten auch „Zukunftsthemen“ der bayerisch-tschechischen Zusammenarbeit. Die Agentur zum Betrieb des europäischen Navigationssystems Galileo in Prag und ihr Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen seien „zwei tragende Säulen künftiger technischer Entwicklung in Europa: Ohne diesen bayerisch-tschechischen Beitrag funktionieren künftig weder Drohnen noch selbstfahrende Autos oder automatische Notruf-Funktionen“. Überhaupt seien Bayern und Tschechien gemeinsam „eine Hightech-Region mit Vorbildcharakter für ganz Europa“. Dies gelte es mit neuen, ambitionierten Projekten zu verstärken – etwa eines 5G-Korridors zwischen München und Prag: „Damit setzen wir Standards, dafür wollen wir europäische Fördergelder sichern.“

Auch hinsichtlich ihrer künftigen Zusammenarbeit haben Gotthardt und Benešík eine klare Vorstellung: „Unser gemeinsamer Kaffee in Prag wird zur festen Einrichtung werden: Unsere europapolitischen Positionen sind künftig noch besser auf der parlamentarischen Ebene koordinert.“ Gerade für den Bayerischen Landtag sei es von Interesse, mit dem tschechischen Parlament eine Institution auf nationaler Ebene zum Partner zu haben, die unseren gemeinsamen Anliegen durch die gemeinsame Stimme Ausdruck verleiht“. Zusammenarbeiten wolle man aber auch in Bezug auf das gesamteuropäische Miteinander: „Wir sitzen als Freunde im Herzen Europas. Von dort aus werden wir Brücken bauen“, so Gotthardt.

Besiegelt haben die beiden Vorsitzenden die neue Kooperation – in der mittelalterlichen Tradition ehrbarer Kaufleute – mit einem symbolträchtigen „Handschlag von Wörth“. Gotthardt sieht darin ein Zeichen „echten Vertrauens“ – und plant bereits seine nächste Reise nach Prag: inklusive eines Kaffees mit Kollegen Benešík.

Regensburg