IHK-Werkstattgespräch
Stationärer Handel braucht Stadtentwicklung, um attraktiv zu bleiben

31.05.2019 | Stand 28.07.2023, 10:32 Uhr
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Bei der achten Auflage des IHK-Werkstattgesprächs Stadtentwicklung informierten sich Kommunalvertreter und Unternehmer, wie innerstädtische Ladenflächen durch städtebauliche Maßnahmen für den Handel trotz Boom des Online-Shoppings attraktiv bleiben.

REGENSBURG Neben vielen Bau- und Marketingmaßnahmen sei vor allem ein langfristiger kommunaler Plan, der die Unternehmer vor Ort einbezieht, entscheidend, so der Konsens. „Dort wo die Kommunalentwicklung strategisch ausgerichtet ist und konsequent verfolgt wird, finden wir nach wie vor vitale Zentren“, sagte IHK-Präsident Michael Matt bei der Begrüßung.

Innerstädtischer Angebotsmix

Inzwischen wird fast jeder vierte Euro im Handel mit innenstadtrelevanten Sortimenten wie Bekleidung und Schuhe online umgesetzt. „Das schmälert die Kundenfrequenz in den Ortszentren“, weiß IHK-Experte für Handel und Stadtentwicklung Dr. Matthias Segerer. Mittel- bis langfristig sinke so der Flächenbedarf des Einzelhandels. Vor allem Klein- und Mittelstädte kämpfen mit zunehmenden Leerständen von ehemaligen Ladenlokalen. „Um diesem Trend entgegenzuhalten, müssen sich die Innenstädte als attraktive Treffpunkte mit Anbietermix präsentieren, die der Kunde nicht nur wegen des Handels gerne besucht“, sagte Jörg Lehnerdt von der BBE Handelsberatung aus Köln. Segerer betonte die Gestaltungschancen im qualitativen Städtebau: „Kommunen, die in der Innenstadtgestaltung auf die Bedürfnisse der Kunden und Händler eingehen, sichern die funktionale Vielfalt ihrer Zentren und können darüber hinaus Impulse für neue Investitionen setzen.“ Wie das in der Praxis konkret umgesetzt werden kann, erläuterte Michael Abraham, Erster Bürgermeister der Stadt Rehau in Oberfranken: „Entscheidend ist, das Dreieck aus Eigentümer, Investor und Kommune zu knacken – nur so können Investitionsimpulse von kommunaler Seite angestoßen werden.“

Ein gemeinsamer Plan

Wie Stadtentwicklung im Zentrum gelingen kann, zeigten mit Bad Kötzting, Schwandorf und Regensburg drei Beispiele aus der Region. Für Markus Hofmann, Bad Kötztings Bürgermeister, sei es in Zeiten des Online-Handels wichtiger denn je, die Entwicklung des Einzelhandels in der Kurstadt im Bayerischen Wald kommunal zu steuern. Hinsichtlich Standortfragen bei der An- oder Umsiedlung neuer Betriebe sei es jedoch nicht immer leicht, den festgelegten planerischen Ansatz zu vertreten. Peter Schödlbauer, Inhaber des gleichnamigen Modegeschäftes und Online-Händler, trägt das Vorgehen Hofmanns mit. Für ihn sei entscheidend, dass der lokale Handel bei der Erstellung des Konzepts der Stadt beteiligt wurde. „Nur in Kooperation zwischen den Unternehmen und der Kommune kann ein Standort langfristig Lebensqualität bieten“, so Schödlbauer.

Beteiligung war auch der maßgebliche Baustein in Schwandorf, um die Friedrich-Ebert-Straße als wichtigste Einkaufspassage der Kreisstadt umzugestalten. In einer kommunal initiierten Projektgruppe wurde eine Strategie erarbeitet, die auch die dort ansässigen Händler mittragen konnten und wollten. „In gemeinsamen Workshops mit der Stadt hatten wir die Möglichkeit mitzugestalten“, so Roland Meiller, Juwelier und Vertreter des Wirtschaftsforums Schwandorf. Oberbürgermeister Andreas Feller gab Ausblick auf das Ende der Baumaßnahmen in diesem Jahr: „Händler und Kunden können dann wieder aufatmen und eine Flaniermeile genießen.“ Während der Bauarbeiten informierte die Kreisstadt mit großaufgelegtem Baustellenmarketing über die einzelnen Maßnahmen. Ein Baustellenpass mit einem Bonussystem für Kunden, die trotz der eingeschränkten Erreichbarkeit der Geschäfte dort einkauften, federte die Beeinträchtigung des Handels ab.

Viel Zeit und Geld investierte auch die Stadt Regensburg in das Baustellenmarketing beim Umbau der innerstädtischen Fußgängerzone. „Durch eine möglichst frühzeitige Kommunikation der zu erwartenden Einschränkungen und Veranstaltungen wie Modeschauen oder einem Baustellenfrühstück haben wir versucht, die Kunden auch während der Umbauzeit in die Altstadt zu locken“, berichtete Luis Fernández, Projektverantwortlicher bei der Stadtverwaltung. Dass ein solches Vorgehen durchaus nicht selbstverständlich sei, bestätigte Guido Herrmann, Geschäftsführer des Kaufhofes am Neupfarrplatz, im Vergleich zu anderen Standorten in Deutschland. Insgesamt sieht Herrmann die Herausforderung jedoch nicht bei Baumaßnahmen in der Fußgängerzone, sondern vor allem in der Erreichbarkeit der Altstadt von außen: „Hier gibt es noch viel zu tun und dazu braucht es einen klaren Plan der Stadt“, so Herrmann.

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