Interview
Er will CSU-Kreischef werden – „Regensburg wird nicht gut regiert“

17.05.2019 | Stand 13.09.2023, 3:26 Uhr
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Michael Lehner will CSU-Kreischef werden – und muss sich für eine OB-Wahl wappnen, deren Weichen er für die CSU im Falle seiner Wahl zum Kreischef stellen muss. Wir haben uns mit Lehner über die Zukunft der CSU unterhalten.

REGENSBURG Wochenblatt: Herr Lehner, die CSU ist in der Opposition in Regensburg. Warum will man da überhaupt Chef werden?

Michael Lehner: Man engagiert sich politisch völlig unabhängig davon, ob die Partei, die man vertritt, gerade in der Opposition oder in Regierungsverantwortung ist. Das Wechselspiel gehört in der Demokratie mit dazu. Ich trete aber vor allem an, um diesen Zustand der Opposition für die CSU zu ändern. Ich glaube, dass wir in der kommenden Kommunalwahl 2020 eine gute Chance haben, zu gewinnen. Sollte ich gewählt werden, will ich die CSU wieder kampagnenfähig machen und inhaltliche Akzente setzen.

Die Frage für die CSU ist, mit wem man antritt. Mit wem wollen Sie antreten?

Ich habe keinen Wunschkandidaten, das ist auch nicht Aufgabe des CSU-Kreisvorsitzenden, jemanden durchzudrücken. Die Partei muss einen Kandidaten finden, hinter dem sie steht und mit dem sie in die Wahl ziehen will. Ich persönlich halte nichts von einer klassischen Urwahl. Die würde bedeuten, jeder unserer 1.000 Mitglieder bekommt einen Brief nach Hause und kann dann vom Sofa aus die Zukunft unserer Partei bestimmen. Ich halte das nicht für sonderlich demokratisch. Ich glaube, man muss sich aktiv einbringen, sich alle drei Kandidaten anhören und kann erst dann über eine Kandidatin oder einen Kandidaten abstimmen.

Das wäre ja nur eine modifizierte Urwahl?

Ja, klar! Ich möchte unsere Mitglieder einladen zu einer Veranstaltung, an der alle Kandidaten die Chance haben, ihre Vision für Regensburg zu präsentieren. Und dann wird abgestimmt. Das ist mein Vorschlag. Ich finde übrigens spannend, dass Medien darüber berichtet haben, die SPD habe bereits Gertrud Maltz-Schwarzfischer nominiert. Das ist nicht so, das ist nur ein Vorschlag. Aber bei der SPD reichen unter 20 Leute, um zwei Titelseiten zu füllen. Und der CSU wirft man vor, undemokratisch zu sein, wenn demokratisch gewählte Delegierte bei der CSU abstimmen. Das ist absurd!

Aber wie wird es nun bei der CSU ablaufen?

Am 17. Mai ist nun erst einmal Kreisvorstandswahl. Dann können die Delegierten der CSU sagen, ob sie eine CSU-Mitgliederversammlung wollen, auf der dann alle Mitglieder der CSU nach einer Vorstellung der Kandidaten darüber abstimmen, wer antreten soll.

Regensburg ist sehr viel großstädtischer und weltoffener geworden. Passt da die CSU noch?

Die CSU, das gilt für Bayern und genauso für Regensburg, hat es doch erst möglich gemacht, dass wir heute so weltoffen und urban sind. Die Sozialdemokratie kann Geld besonders gut ausgeben. Die CSU hat seit dem Zweiten Weltkrieg bewiesen, dass wir dafür sorgen, dass Geld vorhanden ist, weil die Wirtschaft gute Rahmenbedingungen vorfindet. In Regensburg ist das Ergebnis einer guten Wirtschaftspolitik unter Friedrich Viehbacher und später unter Hans Schaidinger. Das hat es doch erst möglich gemacht, dass wir heute so urban leben können. Zugegeben: Wir haben uns in bestimmten Punkten verändern müssen. Aber die CSU war und ist eine liberale Partei. Wir sind übrigens auch eine ökologische Partei, das haben wir uns leider von den Grünen ein Stück weit wegnehmen lassen.

Also, Fahrrad oder Auto?

Beides! Wir sind keine Ideologen wie die Grünen, die sagen, alles muss auf Elektromobilität umgestellt werden, was übrigens nicht wirklich umweltfreundlich und nachhaltig wäre. Man muss den Menschen ihre Entscheidungsfreiheit lassen.

Ist also der wahre Gegner der CSU nicht mehr die SPD, sondern die Grünen?

Mit den neuesten Äußerungen ihres Juso-Vorsitzenden, dem Kommunisten-Kevin, hat die SPD ihren tragischen Abstieg nur nochmal untermauert. Es ist nicht mein Job, der SPD Ratschläge zu geben, wie sie künftig über die Fünf-Prozent-Hürde kommen. Die Grünen sind hingegen ein ernst zu nehmender Gegner. Die Grünen verkleiden eine ultralinke Politik in ein bürgerliches Kleid in ökologischer Fassade. Ökologie ist sehr wichtig, aber die Politik darf auch in diesem Bereich nicht populistisch sein. Selbst fliegen wie die Weltmeister, weil man sich weltoffen geben will – das aber den Bürger verbieten: Das ist Grünen-Politik.

Wie grenzt sich die CSU von der AfD ab?

Sehr deutlich! Die AfD ist eine Mischung aus tatsächlich Rechtsextremen einerseits und Konservativen andererseits. Die AfD bringt mitunter richtige Themen, füllt sie aber mit falschen Inhalten. Wir haben natürlich ein Problem mit illegaler Einwanderung. Wir haben richtige Gesetze, aber sie müssen auch umgesetzt werden. Das greift die AfD auf, präsentiert aber die falsche Lösung. Wir haben die richtige, zugegeben kompliziertere Lösung: Wir wollen ein offenes, proeuropäisches Land. Das will die AfD nicht: Die will gar kein Europa.

Die Spendenaffäre wird die Kommunalwahl 2020 in Regensburg überschatten. Hat die CSU hier etwas zurückzunehmen?

Zunächst eines vorweg: Was mit Joachim Wolbergs passiert ist, ist ein menschliches Drama, das mir ganz persönlich sehr leid tut. Die CSU hat aber nichts zurückzunehmen. Wir haben einen Vorsitzenden, das ist Franz Rieger. Ob der etwas zurücknehmen muss, muss er ganz persönlich entscheiden. Für mich ist klar: Wir hängen da nicht mit drin. Es sind vielleicht Fehler gemacht worden, das kann ich nicht beurteilen. Es gibt Vorwürfe gegen Christian Schlegl und gegen Franz Rieger. Weder bei Schlegl, noch bei Rieger stehen Korruptionsvorwürfe im Raum. Schlegl hat nach Anklageerhebung sofort alle Parteiämter zurückgegeben und wird auch im nächsten Kreisvorstand keine Funktion haben. Insgesamt aber müssen sich CSU und SPD freischwimmen und bei den Wahlkämpfen die Materialschlachten lassen. Ich hoffe, die Wähler werden in Zukunft nicht den größten Kugelschreiber an der Wahlurne würdigen, sondern Inhalte.

Wo hakt es denn eigentlich in Regensburg?

Vieles, was wir diskutieren, sind Luxusprobleme. Aber das Thema Verkehr wird eines der Schlüsselprobleme sein, das wir lösen müssen. Zudem hakt es auch dabei, dass Politik nichts mehr in Angriff nehmen kann, ohne dass sich Widerstand regt. Alle neun im Stadtrat vertretenen Parteien wollen beispielsweise eine Fahrradbrücke zum Grieser Spitz. Da gibt es jetzt Leute, die sich darüber aufregen, dass dann zu viele Räder an ihren Gärten vorbei fahren. Da muss man sagen: Lasst die Kirche im Dorf! Politik ist nicht nur zum diskutieren da, sondern muss auch durchsetzen können. Das hat diese Koalition in Regensburg in den letzten Jahren überhaupt nicht gemacht.

Vielen Dank.

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