Verfahren
Für Wolbergs geht es jetzt ums Ganze – offenbar will er wieder kandidieren

07.04.2019 | Stand 13.09.2023, 0:11 Uhr
−Foto: n/a

Ein Urteil wird erst im Sommer erwartet, doch Joachim Wolbergs möchte offenbar einen eigenen Verein gründen, mit dem er zur Kommunalwahl antreten will. Derweil hat ihm der SPD-Stadtverband endlich einen Termin eingeräumt. Ein Ortsverein zwang den Verband dazu.

REGENSBURG Mit einer neuerlichen Eskalation endete Donnerstag vergangener Woche faktisch die Beweisaufnahme im Mammut-Verfahren gegen den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und drei Mitangeklagte. Die Staatsanwaltschaft stellte den Antrag, Wolbergs Video-Botschaften in den Prozess einzuführen, die dieser seit mehreren Wochen immer freitags auf Facebook streamt. Wolbergs seinerseits legte nach: In einer ungewöhnlich langen Botschaft am Freitag kritisierte er die Ermittler aufs Schärfste. Zudem kündigte der suspendierte Regensburger Oberbürgermeister an, sich bereits vor einem Urteil zu einer neuerlichen Kandidatur für die Wahl im März 2020 zu verhalten. Mit seiner Kandidatur indes ist zu rechnen. Wolbergs plant wohl eine eigene Liste, denn die SPD ist längst zerfallen in zwei Lager: Die einen, die Wolbergs erneute Kandidatur ablehnen und die anderen, die den Prozess mit zunehmendem Kopfschütteln und der Frage verfolgt haben, was die Staatsanwaltschaft womöglich da eigentlich konstruiert hat.

Dem Vernehmen nach stehen bereits 30 mögliche Stadtratskandidaten in den Startlöchern, die sich für eine „Liste Wolbergs“ aufstellen lassen würden. Damit würde der gewählte, wenn auch suspendierte Oberbürgermeister als erstes seinen Hut für die Kommunalwahl in den Ring werfen. 100 Regensburger sollen es sein, die bereits erklärt haben, Mitglied in einem Verein zu werden, der eine Liste zur Kommunalwahl mit Wolbergs als Kandidaten aufstellen soll. Kommenden Montag indes wird Wolbergs auf Antrag eines Ortsvereins vor dem Stadtverband sprechen – bislang haben maßgebliche SPD-Protagonisten verhindert, dass Wolbergs dort sprechen dufte. Es dürfte eine Abrechnung mit seiner Partei werden: Die SPD hat auf Betreiben von Kräften wie etwa der Landtagsabgeordneten Margit Wild bereits zwei Tage nach Wolbergs Verhaftung eine Distanzierung zu Wolbergs beschlossen, noch bevor sich andere Parteien geäußert hatten.

Der Prozess zieht sich weiter in die Länge

Erst Ende April wird mit den Plädoyers im Mammut-Verfahren begonnen. Diese ziehen sich bis weit in den Juni hinein. Und dann werden die Angeklagten am 25. Juni das letzte Wort haben. Schon zwei Tage später könnte das Urteil fallen. Der Urteilstenor dürfte den Rahmen jener rechtlichen Würdigung mit 100 Seiten weit sprengen, die von der Kammer bereits am Anfang des Verfahrens vorgenommen wurde.

Wer den Prozess indes verfolgt hat, der wird das Gefühl nicht los, dass am Ende wenig übrig bleiben wird von den Vorwürfen. Wenig wahrscheinlich wirkt eine Verurteilung wegen der Kapitalerhöhung beim Jahn zugunsten der Vergabe der Nibelungenkaserne, auch die Strafbarkeit der Spenden-Praxis scheint durch ein Gutachten eines Professors widerlegt. Bei den Konditionen für einen Sparkassen-Kredit an Tretzel kann man sich die Frage stellen, ob der Freistaat nicht sogar in Regress genommen werden kann (siehe separaten Artikel).

Am Ende könnte also die Causa Wolbergs eine Art Causa Wulff werden – da blieb am Ende ein Bobby-Car übrig.

Regensburg