Strafvollstreckungskammer
Oberlandesgericht rügt Regensburger Richter wegen entlassenem Sextäter

07.03.2019 | Stand 13.09.2023, 0:37 Uhr
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Ein Pädophiler hat gegen Auflagen verstoßen, doch eigentlich ist seine Führungsaufsicht ausgelaufen. Deshalb lehnten Regensburger Richter weitere Auflagen ab. Doch das OLG schlug Alarm – der Mann war auf einen Campingplatz in die Nähe von Kindern gezogen.

REGENSBURG/STRAUBING Derzeit ist die Straubinger Forensik in den besonderen Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Kürzlich sorgte der Freigang eines wegen Totschlags in Straubing untergebrachten Patienten für Aufsehen. Politisch hatte der Landtag den Straubinger Stadtvätern einst versprochen, keine Freigänge aus Schutz der Bevölkerung zuzulassen. Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer unter Vorsitz von Richter Klaus Rappert sorgte für Empörung. Jetzt stellte sich heraus: Der 46-Jährige Patient war bereits mehrfach auf freiem Fuß, begleitet von zwei Aufsehern, in der Straubinger Innenstadt unterwegs.

Dass die von der Strafvollstreckungskammer zu treffenden Entscheidungen häufig heikel sind, belegt ein Urteil des Nürnberger Oberlandesgerichts. Die Richter haben eine Entscheidung aufgehoben, weil ein Sexualstraftäter gegen Weisungen verstoßen hatte.

1997 wurde der Mann zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, weil er zwei Kinder missbraucht und vergewaltigt hatte. Bis 2012 war der Mann in der Forensik untergebracht, anschließend musste er Auflagen erfüllen: Kein Kontakt zu minderjährigen Mädchen, keine Kontaktanzeigen aufgeben, sich nicht auf Kinderspielplätzen, Kindergärten oder Schulen auf 100 Metern nähern. Zudem kontrollierten Polizeibeamte in Straubing regelmäßig, ob der Mann Alkohol getrunken hatte, da er seine Missbräuche alkoholisiert vorgenommen hatte. Als die Auflagen Mitte 2018 ausliefen, beantragte die Staatsanwaltschaft, sie zu verlängern. Auch das Polizeipräsidium Niederbayern schloss sich an. Doch die Regensburger Strafvollstreckungskammer lehnte im September 2018 diese Anträge ab.

Das sehen die Nürnberger Richter nun völlig anders – sie hoben die Entscheidung aus Regensburg auf. Im Urteil, das dieser Zeitung vorliegt, heißt es „Der Verurteilte sucht eindeutige Kontakte zu Frauen. Dies zeigen die Kontaktaufnahme des Verurteilten zu anderen Frauen vor allem über Facebook, wobei es sich nach den Ermittlungen der Polizei ausschließlich um sehr junge Frauen, insbesondere asiatischer Erscheinung handelte, welche teilweise in sexuell aufreizender Art und Weise posierten“, so die OLG-Richter. Zudem gebe es eine noch aufzuklärende „sexuelle Belästigungen und die über Whats-App unterbreiteten „eindeutigen“ Angebote“ gegenüber einer jungen Frau.

Besonders heikel: Derzeit sorgt ein Fall aus Nordrhein-Westfalen für Aufsehen, weil in Lüdge Kinder auf einem Campingplatz missbraucht wurden. Der inzwischen freigelassene Patient aus Straubing wohnt zwischenzeitlich ebenfalls auf einem Campingplatz in Norddeutschland. Die Regensburger Richter urteilten, es sei nicht nachvollziehbar für sie, ob es dort auch Kinder gebe. Auch dem widersprechen die Nürnberger Richter in ihrem Urteil: „Bereits der Blick auf die Internetseite des Campingplatzes zeigt jedoch einen Badestrand und einen Spielplatz des Campingplatzes, so dass auch insoweit Nachforschungen zumindest zur Entfernung des Standplatzes des ,Mobile-Home‘ des Verurteilten zu diesem Spielplatz veranlasst waren.“

Die Regensburger Richter hätten das nicht zur Genüge berücksichtigt.

Regensburg