Spendenaffäre
Wolbergs-Prozess – gab es wirklich Vorteile für die Verwandtschaft?

05.02.2019 | Stand 13.09.2023, 0:36 Uhr
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Im Korruptionsprozess gegen Joachim Wolbergs und drei Mitangeklagte sagte der Chef der Sonderermittlungsgruppe Spenden, Bernhard B. erneut aus. Damit schloss das Gericht den Komplex Vergünstigungen für Eigentumswohnungen für Mutter und Schwiegermutter sowie Handwerkerleistungen für ein Ferienhaus und eine Pächterwohnung ab.

REGENSBURG Der Kriminalhauptkommissar wurde von den Anwälten indes hart angegangen – sie stellten erneut die Frage, ob die Kripo lediglich die Schuld-Hypothese beweisen wollten, Entlastendes aber einfach außer Acht ließen.

Der Kripo-Mann schilderte vor Gericht, dass man durch Einsichtnahmen ins Grundbuchamt entdeckte, dass sich Wolbergs Mutter für die Erbengemeinschaft eine Wohnung bei BTT gekauft hatte und auch die Schwiegermutter. Eigentümer der Wolbergs-Wohnung war der damalige Bürgermeister und seine beiden Brüder, doch die Mutter hatte ein Nießbrauchrecht. Verglichen hatte man die gezahlten Preise mit denen, die man auf einer Preisliste gefunden hatte. Etwa 100.000 Euro weniger sollen die beiden Verwandten des OB bezahlt haben – zumindest laut Listenpreis. Und hier hakten die Anwälte nach. „Haben Sie die Wohnungen mit anderen verglichen, die es in dem Wohnquartier gab?“, wollte etwa Anwalt Florian Ufer wissen, der den angeklagten Bauträger vertritt. Der Kripo-Mann verneinte – er sei davon ausgegangen, dass die Preisliste gilt. „Ich sage es Ihnen: Von zwölf vergleichbaren Wohnungen war das die teuerste“, so Ufer. Und auch bei der zweiten angeklagten Wohnung hatte man lediglich eine Vergleichswohnung angefragt – und die war laut Listenpreis verkauft worden. „Sicherlich wird man bei einem Autokauf Rabatt bekommen, aber das ist ja nicht vergleichbar“, sagte Polizist Bernhard B. im Zeugenstand auf die Frage hin, warum er nicht die anderen Kaufpreise ermittelt hatte. „Mir ist nicht bekannt, ob man bei Wohnungen Rabatte bekommt, da habe ich keine Erfahrung damit.“ Er sei davon ausgegangen, dass Tretzel die Wohnungen stets nach Listenpreis verkaufen würde.

Wie kann eine solche Immobilie in die Anklage?

Bereits letzte Woche hatte vor allem die Aussage von Wolbergs Schwiegermutter die Frage aufgeworfen, wie ein solcher Wohnungskauf überhaupt in der Anklage landen konnte. Wie auch Kripo-Mann B. bestätigte, hatte Wolbergs nie Kontakt zu Tretzel in dieser Angelegenheit. Die Schwiegermutter hatte recht robust dem Gericht reinen Wein eingeschenkt. Als ihr Mann gestorben sei, habe sie das neun Zimmer große Haus verkaufen wollen. Auf Empfehlung einer Freundin sei sie zu Tretzel gegangen. Als sie nach einem Preis gefragt habe, hat man ihr 300.000 Euro genannt. Gezahlt hatte sie letztlich 283.300 Euro. Laut Anklage, weil Wolbergs eben Oberbürgermeister war.

Dass der Innenausbau notariell ausgenommen, dann aber tatsächlich von Tretzels BTT durchgeführt wurde, habe sie beim Verlesen des Notarvertrags nicht gemerkt. „Das läuft so runter: Ratterratterratter. Da muss man aufpassen, dass man nicht einschläft“, sagte die Rentnerin im Zeugenstand. Dass diese Wohnung indes Wolbergs als Vorteil angerechnet wird, ist zumindest fragwürdig.

Auch die Wohnung des früheren SPD-Fraktionschefs Norbert Hartl ist Thema im Prozess. Auch Hartl soll Vergünstigungen bekommen haben. Hier schilderte Bernhard B. im Zeugenstand, wie die Staatsanwaltschaft überhaupt davon erfahren haben. Gemeldet hatte das nämlich der frühere SPD-Landeschef Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesbauministeriums: „Der Herr Pronold hat uns eine Mail weitergeleitet.“ Die kam von einer Konkurrentin Tretzels, der Chefin einer Genossenschafts-Baugesellschaft. „Sie schrieb, dass der Herr Hartl eine sehr schön gelegene und ausgestattete Wohnung sein Eigen nennt“, so der Kripo-Mann im Zeugenstand. Und dann habe man das eben ausermittelt.

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