Experten-Streit
Grüne wehren sich in der Grenzwert-Debatte rund um Stickoxide und Feinstaub

27.01.2019 | Stand 13.09.2023, 1:42 Uhr
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Die Landtags-Grünen wehren sich im Streit um die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub. Deren Parlamentarischer Geschäftsführer im Landtag, Jürgen Mistol, legte jetzt die Expertise eines Pneumologen vor.

REGENSBURG Seit Monaten schon hat der frühere Präsident der Gesellschaft für Pneumologie, Dieter Köhler, Studien zur Schädlichkeit von Stickoxiden und Feinstaub in Frage gestellt. Seit er aber in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ Fahrverbote als „völligen Unsinn“ bezeichnete, diskutiert das Land über die Aussage des Experten. Köhler hatte 1985 eine Habilitation über die Auswirkungen von Schadstoffen auf die Lunge vorgelegt.

Jetzt kommt Gegenwehr von den Landtags-Grünen gegen den Experten. Der Grünen-Abgeordnete Parlamentarische Geschäftsführer im Landtag, Jürgen Mistol, kritisiert Köhler scharf. Wörtlich sagte er: „Die Meinung von Professor Köhler, der die wissenschaftliche Grundlage für die Grenzwerte bei Feinstaub und Stickoxiden anzweifelt, ist offenbar eine Außenseitermeinung“, so der Regensburger Abgeordnete. „Und so wie die Debatte darüber geführt wird, trägt sie bei, die Bevölkerung zu verunsichern“, kritisiert Mistol.

Als Beleg für seine Kritik verbreitet Mistol das Schreiben eines Pneumologen und Umweltmediziners. Der Chefarzt der Kreisklinik Wörth an der Donau im Landkreis Regensburg, Wolfgang Sieber, schreibt darin: „Die von einer kleinen Gruppe Lungenärzte erhobene Kritik an den Grenzwerten halte ich für komplett falsch. Diese sind durch große europäische Studien gesichert, durch viele Untersuchungen sowie auch durch klinische Erfahrungen überprüfbar.“ Köhler aber hatte kritisiert, dass die Studien der EU nicht selbst Krankengeschichten in Augenschein genommen hatten, sondern Metadaten verwendeten – also aus anderen Studien zitierten. So betrachtete man beispielsweise die Sterblichkeitsrate durch Lungenkrankheiten und legte darüber die Daten für die Luftverschmutzung – und stellte so einen Zusammenhang her. Köhler hält das für falsch. Sieber offenbar nicht: „Wir wissen, dass gerade Patienten mit Atemwegserkrankungen oder Kinder für entsprechende Umweltbelastungen sehr empfindlich sind“, so Sieber. Auf einer Fortbildungsveranstaltung für Ärzte, an denen mehrere Top-Pneumologen teilnahmen, waren im Januar 2019 lediglich zwei Landtags-Grüne erschienen. Der Rest habe sich nicht für diese Erkenntnisse interessiert. „Es ist völlig unverständlich, warum eine kleine Gruppe von Pneumologen solchen Wirbel auslösen kann“, so Sieber weiter. „Meines Erachtens besteht hier auch der Verdacht, dass dieses nur von wenigen Pneumologen unterzeichnete Positionspapier auch bewusst in die Öffentlichkeit lanciert wurde.“ Die Meinung Köhlers und seiner Kollegen indes hält er für eine „Minderheitenmeinung“ innerhalb der Fachärzteschaft.

Mistol kommt diese Äußerung gerade recht: „Wir alle haben die Verantwortung alles dafür zu tun, dass diese Grenzwerte eingehalten werden, auch die Menschen an vielbefahrenen Straßen haben ein Recht auf saubere Luft“, mahnt der Grüne.

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