Freie Wähler fordern Nachverhandlungen
Migrationspakt „völlig unverbindlich“ und „unglaublich wichtig“ zugleich?

21.11.2018 | Stand 13.09.2023, 1:51 Uhr
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Er könnte einer der neuen Shooting-Stars der Freien Wähler werden, doch schon beim Migrationspakt lässt der Landtagsabgeordnete Tobias Gotthardt nicht locker – er verlangt Nachverhandlungen vom Koalitionspartner CSU. Eine erste Belastungsprobe?

REGENSBURG Schon vor Tagen äußerte sich der frisch gebackene Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, der im Landkreis Regensburg wohnende Tobias Gotthardt, äußerst kritisch über den Migrationspakt der UN. Vor allem die Passage, in der die positive öffentliche Debatte über Migration unterstützt und negative Debatten sanktioniert werden sollen, fasste Gotthardt auch auf Angriff auf die Pressefreiheit auf. Die Bundesversammlung der Freien Wähler hat indes bereits angekündigt, den Koalitionspartner CSU zu Nachbesserungen im Bund aufzufordern.

Jetzt hat auch Gotthardt nochmals nachgelegt – und seine Bedenken detailliert dargelegt. „Man muss den Pakt offen, differenziert sachlich diskutieren – dafür braucht es eine inhaltliche Tiefe, die ich in der bundesdeutschen Debatte vielfach vermisse, auf beiden Seiten. Wer über den Pakt reden will, muss ihn gelesen haben“, mahnt der Abgeordnete, der bis vor kurzem noch als Büroleiter eines Europaabgeordneten in Brüssel arbeitete. „Es reicht bei Weitem nicht, als Unterstützer bloß tweets des Regierungssprechers zu zitieren oder aber auf Gegnerseite gebetsmühlenartig rechte Parolen zu wiederholen“, so Gotthardt.

Dessen Wort könnte bald schon Gewicht bekommen. Die Fraktionen des Landtags haben sich am Dienstag auf die Verteilung der Ausschüsse geeinigt. Die Freien Wähler griffen beim Europaausschuss zu, dem bisher der Regensburger CSU-Abgeordnete Franz Rieger vorstand. Gotthardt gilt als gesetzt um die Nachfolge Riegers als Ausschuss-Chef, er hat bei den Freien Wählern die meiste EU-Erfahrung. „Gute Asylpolitik braucht fundiertes Wissen und einen klaren Kopf – kein Schönreden, keine Hetze“, mahnt Gotthardt dennoch in Bezuf auf den Migrationspakt. Und wird dann doch deutlich: „Der Pakt hat weiter schwere Konstruktionsfehler, er ist juristisch unscharf und gehört noch einmal zum völkerrechtlichen TÜV. Beispiele: Abgrenzung zwischen legaler und illegaler Migration, Definition des Status der Klimaflüchtlinge, umfassender Zugang zu Sozialleistungen, erleichterte Familienzusammenführung jenseits geltender Regeln und viele offene Fragen mehr.“

Gotthardt und die Freien Wähler stehen mit der Kritik keineswegs alleine da. Schwergewichte wie die USA, aber auch Australien und Österreich haben bereits angekündigt, dem Pakt nicht beizutreten. Auch Polen will nicht, genauso wie Ungarn und Dänemark. Bedenken gibt es auch in der Schweiz, obwohl ein Schweizer den Pakt maßgeblich mit verhandelte. Zuletzt hatte Israel angekündigt, dem Pakt nicht beizutreten.

„Wenig überzeugend sind für mich die argumentativen Widersprüche der Pakt-Verteidiger: Ein Dokument kann kaum ‚völlig unverbindlich‘ und ‚unglaublich wichtig‘ zeitgleich sein“, bringt Gotthardt einen weiteren Punkt. „Klar ist: Wer bereits beim Migrationspakt keine klare Trennung zwischen legaler und illegaler Migration schafft, wird kaum ein vernünftiges Fundament für einen tragbaren Flüchtlingspakt finden, der als Teil 2 des Pakets bereits in Vorbereitung ist.“

Beides stehe zur Entscheidung – beides solle man in aller Ruhe diskutieren. „Mit der Bevölkerung, nicht im stillen Kämmerlein. Nur so schafft man Akzeptanz für eine funktionierende, eine verantwortungsvolle Migrations- und Asylpolitik der Zukunft.“

Regensburg