Nach der Wahl
Das Traumpaar der Freien Wähler lässt sich in Regensburg feiern

04.11.2018 | Stand 13.09.2023, 1:54 Uhr
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Regensburgs Landrätin Tanja Schweiger bereitet die Bühne für ihren Lebensgefährten Hubert Aiwanger in Regensburg – der ist ein der große Wahlsieger und bereitet die Koalition mit der CSU vor.

REGENSBURG Dunkle Wolken bedecken den Himmel über Regensburg, doch Hubert Aiwanger strahlt. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin, Landrätin Tanja Schweiger, kommt er durch den Hintereingang. Vor dem Kolpinghaus haben sich Gegner des Handelsabkommens mit Kanada, Ceta, versammelt. Viele der Demonstranten hatten für die ÖDP in Regensburg kandidiert, die durchgefallen ist. Jetzt wollen sie den Delegierten der Freien Wähler bei der Landesversammlung an diesem Samstagmorgen erklären, gegen was sie zu sein haben. Demokratie 2.0 quasi, ohne Wählervotum. „Ceta mag ich auch nicht“, ruft ein Freier Wähler, als man ihm eine Papier-Brezen mit der Aufschrift „Ceta, nein Danke“ in die Hand drückt.

Zwar schnitten sie mit 11,6 Prozent nicht so gut ab wie die Grünen, deren Vorsitzende seither mit Aiwanger um die Wette strahlen. Doch die Freien Wähler sind der Gegenentwurf zu den Grünen, die Grenzen und Heimat schwierig finden. Die Freien Wähler haben das Prinzip Heimat zum Wahlprogramm erklärt. Böse Zungen nennen das Florians-Prinzip. Hier, im Regensburger Antoniushaus, wo sonst die CSU ihre Versammlungen abhält, ist die Janker-Dichte höher als bei den Christsozialen.

Christian Hanika, 32, ist einer der Delegierten, er war vier Jahre lang Landesvorsitzender der Jungen Freien Wähler. Der schlanke Kommunalpolitiker ist zweiter Bürgermeister im Markt Bad Abbach vor den Toren Regensburgs. „Keinesfalls“, sagt er auf die Frage, ob er auch bei der CSU sein könnte. Er fasst sich überzeugt ans Revers seines Jankers: „Wir sind vor Ort, wir sind bei den Menschen. Die CSU will immer zu Höherem hinaus.“

Völlig überraschend in den Landtag gewählt

Auch Kerstin Radler hat es im Wahlkreis Regensburg Stadt in den Landtag geschafft. „Ich musste das erst verarbeiten“, sagt die Rechtsanwältin, sie hatte nicht mit dem Mandat gerechnet. Die Freien Wähler sind eine Familie, sie vertritt als Rednerin ihren Ehemann Ludwig Artinger, Fraktionschef der Freien Wähler im Regensburger Stadtrat. Das Paar hatte sich gerade auf Griechenland erholt, für das Paar folgte dem Wahlbeben ein echtes Erdbeben. In den Großstädten sind die Freien Wähler traditionell eher schwach, sie sind ein Land-Phänomen. Radler weiß das. „Hier, in Regensburg, hat man Erfahrung mit den Freien. Man war ja jahrhundertelang Freie Reichsstadt“, ermuntert sie die Delegierten.

„Ich will das Städtische vertreten“, sagt sie im Gespräch. „Mir ist bewusst, dass diese Position wichtig sein wird.“

Politikerinnen wie Tanja Schweiger schmerzen die CSU. Sie sind Fleisch von ihrem Fleische. Konservativ und modern gleichzeitig – verheiratet ist das Ehepaar bis heute nicht. Ihr erstes gemeinsames Kind bekam das Paar, als Schweiger noch Landtagsabgeordnete war. Sie nahm ihren Sohn auch mit ins Maximilianeum. Das zweite Kind bekam sie schon als Landrätin im Landkreis Regensburg. Es ist kein zweiter solcher Fall in Deutschland bekannt. Nicht nur bei der Landratswahl vor vier Jahren lehrte Schweiger der CSU das Fürchten – sie holte jetzt bei der Wahl auch das Bezirksmandat direkt und düpierte die CSU. Die SPD hat sich in ihrem Wahlkreis vaporisiert, kam auf sechs Prozent – sie sind faktisch nicht mehr vorhanden. Als Schweiger an diesem Samstag ihren Lebensgefährten aufruft bei der Vorstellungsrunde der Landtagsabgeordneten, wird sie kurz lauter: „Hubert Aiwanger – Stimmenkönig der Freien Wähler“, ruft sie in den Saal, die Delegierten springen auf, spenden Standing Ovations.

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