Haus abgerissen
Denkmal-Frevel Mitten im Welterbe! Bauarbeiten eingestellt!

30.10.2018 | Stand 13.09.2023, 1:54 Uhr
−Foto: n/a

Am Judenstein reißt ein Bauunternehmen einfach ein Haus weg – die Stadt stellt den Bau ein, denn die Baugenehmigung sah nur Teilabrisse vor. Doch die Folgen für den Hausbesitzer sind offenbar überschaubar.

REGENSBURG Denkmal-Frevel mitten im Welterbe! Wer dachte, abgerissene Bausubstanz im Herzen eines geschützten Ensembles sei eine Sache aus den 70er Jahren, der täuscht sich. Im Herzen Regensburgs, nämlich direkt an der Schule Am Judenstein, klafft derzeit eine offene Bauwunde. Ein Bauträger hat im Auftrag des Besitzers einfach abgerissen, was laut Denkmalschutzgesetzen nicht abgerissen hätte werden dürfen. Pikant: Übrig gelassen hat der Bagger noch ein Graffiti, das offenbar eine linksextreme Gruppe zurückgelassen hat: „Leerstand“ steht auf der Wand, das soll andeuten, dass das Haus wohl seit Längerem nicht bewohnt war. Und das im Herzen der Stadt, dort, wo Wohnraum in Regensburg besonders knapp ist.

Zwei Jahre leer stand auch ein Haus, das weit über die Grenzen der Landeshauptstadt München für Schlagzeilen sorgte. Das sogenannte Uhrmacherhäusl in München-Obergiesing stand zwei Jahre lang leer, bevor es einfach abgerissen wurde. Und das illegal. Münchens OB Dieter Reiter kündigte an, er werde den Besitzer anweisen, das Haus originalgetreu wieder aufzubauen.

Zwar bestätigt die Stadt, dass der Abriss illegal war. Stadtsprecherin Juliane von Roenne-Styra: „Das Haus steht insofern unter Denkmalschutz, da es Teil des denkmalgeschützten Ensembles Altstadt Regensburg mit Stadtamhof ist“, so von Roenne. „Die Untere Denkmalbehörde hat die Einstellung der Abbrucharbeiten veranlasst, da diese über das genehmigte Maß hinausgegangen sind.“ Offenbar war dem Eigentümer eine Kernsanierung erlaubt worden, die aber die Silhouette nicht verändert hätte. Aufgebaut werden muss das Haus, anders als das Münchner Uhrmacherhäusl, wohl dennoch nicht. Denn: „Es ist jedoch kein Einzelbaudenkmal“, so von Roenne. Es existiere eine gültige Baugenehmigung für einen Umbau und eine Erweiterung des Gebäudes. Darin sei „genau dargelegt, was erhalten, abgebrochen oder neu errichtet werden soll.“ Von dieser Genehmigung, heißt es von der Stadt, „wurde dahingehend abgewichen, dass deutlich mehr abgebrochen wurde als genehmigt, so dass nun eine neue Situation vorliegt.“ Fraglich ist, welche Konsequenzen das für den Bauherren überhaupt hat.

Fatal könnte das Signal indes an Altstadt-Hausbesitzer sein, wenn der Fall Schule machen würde und der Bauherr schließlich doch weiter an einem Neubau arbeiten dürfte. Denn das würde bedeuten: Schnell mal abreißen, dann wird zwar der Bau eingestellt – aber früher oder später darf man weiterbauen.

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