Energiewende
Podiumsdiskussion zum Südostlink: Ist die HGÜ-Trasse sinnvoll?

11.10.2018 | Stand 02.08.2023, 20:35 Uhr
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„Brauchen wir die HGÜ-Trasse – oder wirkt sie sich vielleicht sogar gegenteilig auf die Energiewende aus?“ Diese Frage und die damit einhergehende Befürchtung vor einer dauerhaften Beschädigung der Natur durch den Eingriff einer gut 40 Meter breiten Trasse durch das Himmeltal treibt sowohl die Gemeinde Brennberg als auch die Bürger um.

BRENNBERG Die Anregung von verschiedenen Seiten zu einer Informationsveranstaltung nahm die Gemeinde gerne auf und lud am Freitag, 5. Oktober, zu einer Podiumsdiskussion ein. Die Resonanz überwältigte Organisatoren und Besucher: Der Wagner-Saal war bis auf den letzten Stuhl belegt und neben den vielen Interessenten waren auch zahlreiche Politiker gekommen, um Stellung zu beziehen. Eingeladen hatte die Gemeinde Brennberg mit dem BUND Bayern, dem Bündnis für erneuerbare Energien und Atomausstieg in Regensburg und dem Kreisverband des Bayerischen Bauernverbandes. Brennbergs Bürgermeisterin Irmgard Sauerer erläuterte die Gründe: „Viele haben uns angesprochen: Macht doch mal was!“ Schon seit 2016 ist man mit den Planungen zur HGÜ-Leitung (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) beschäftigt, wobei ein möglicher Trassenverlauf auch das romantische Himmeltal betreffen würde. Hier hat die Gemeinde Brennberg sein Wasserschutzgebiet und plant auch eine Erweiterung. Wer das Tal kennt, weiß, dass die Artenvielfalt groß ist, der Raum hingegen eng und kleinteilig ist. Mit zwei weiteren Kommunen will man hier das Kultur- und Naturprojekt „Kulturachse Ost“ umsetzen, das die Wertschöpfung in die Region bringen und halten soll. „Wir kämpfen für den Erhalt unseres kulturellen Erbes und möchten uns zu einer nachhaltigen Tourismusregion entwickeln“, betonte Bürgermeisterin Irmgard Sauerer. „Arbeitsplätze sind bei uns langfristig nicht durch Gewerbegebiete oder den Ausbau der Landwirtschaft zu generieren, sondern mit unserer Kulturlandschaft und mit Lebensqualität.“

Dass man zudem bereits seit 50 Jahren mit der Hochspannungsleitung lebe und keiner hier eine „Monstertrasse“ möchte, fügte sie nebenbei hinzu, nicht ohne darauf zu verweisen, dass man die Problematik nicht auf andere abwälzen wolle. Vielmehr gehe es darum, ob es diese HGÜ wirklich braucht und sie sich nicht negativ auf die dringende Energiewende auswirkt. In das gleiche Horn stieß Landrätin Tanja Schweiger, die es schade fand, dass man sich ausschließlich über eine Transporttrasse unterhielt, aber sich nicht um Alternativen bemühe. Um sachlich zu informieren war auch der Unternehmensentwickler Stefan Lochmüller von den N-Ergie-Werken gekommen, der am Beispiel der Stadtwerke Nürnberg aufzeigte, dass es auch anders geht. Klar sei, dass die Regierung in seinen getroffenen Abkommen (Klimaschutzziele, Ausbau von regenerativer Energie, Ausbau des EU-Binnenmarktes auf dem Sektor Strom und vieles mehr) klare Vereinbarungen einging, die bei Nichteinhaltung Kosten verursache. Für die zukünftigen Herausforderungen halte er es jedoch für notwendig, intelligente Lösungen zu erarbeiten. Viele Wissenschaftler warnen bereits vor dieser volkswirtschaftlich ineffizienten Lösung, zumal lediglich 20 Prozent des Energiebedarfs als reiner Strom benötigt wird und 30 Prozent auf den Verkehr entfallen und 50 Prozent auf die Wärmeversorgung! Lochmüller selbst halte es für weitaus sinnvoller, Strom regional und dezentral zu erzeugen und auszugleichen. So könnte nach Berechnungen der Energiebedarf tatsächlich halbiert werden! Klar sei aber auch, dass dazu die erneuerbaren Energien noch mindestens verdoppelt werden müssten, was nicht immer auf offene Ohren stößt.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion durften die Anwesenden ihre Stellung beziehen und anschließend den Anwesenden Rede und Antwort stehen. Der für den Raum Regensburg gewählte Bundesabgeordnete Peter Aumer hält den Netzausbau und damit die Stromtrasse für die Versorgungssicherheit für unverzichtbar. Hierzu entgegnete Petra Filbeck, Büfa Regensburg-Sprecherin, dass Deutschland der größte Stromexporteur Europas sei. Tobias Gotthardt von den Freien Wählern gehe es nach seiner Auffassung um den Erhalt der Macht der großen Konzerne. Matthias Jobst von der SPD sieht keine einfachen Lösungen, denn alles habe zwei Seiten: „Ja, wahrscheinlich stützen wir die Großkonzerne, aber damit auch Arbeitsplätze.“ Dr. Josef Stadler von Bündnis 90/die Grüne plädierte für die Energiewende als alles entscheidendes Thema und hier sei man noch keinen Schritt weitergekommen. Dr. Herbert Barthel, Referent für Energie und Klimaschutz vom BUND Naturschutz in Bayern, betonte, dass es Ziel sein müsse, Energie zu sparen und die weiter benötigte Energie regenerativ auszubauen. „Leitungen produzieren nichts!“

Der zweite Bürgermeister Franz Löffl den Blick auf die Vorwaldregion: Brennberg, das zu 170 Prozent Selbstversorger in Sachen Strom sei, trage schon die Belastung der 380 KV-Anlage. Er forderte die Politiker dazu auf, sich ihrer Verantwortung für die Region zu stellen. Es folgten verschiedenen Fragen und Anregungen von den Anwesenden, wie die sinnvolle Nutzung von Power-to-Gas oder Smart-Grid. Gefragt wurde auch nach einer Datenerhebung um Stromverbrauch und -erzeugung, die nach Überzeugung mehrerer fehle. Lange wurde diskutiert über Sinn und Unsinn einer solch großen Transitstrecke. Am Ende eines langen Abends kam eine Bürgerin aus der Gemeinde Brennberg auf die Folgen der Stromtrasse zurück: „Aber wie sieht es dann in unserer Natur aus. Tiere und Menschen werden leiden. Wir wollen doch unseren Nachkommen auch eine intakte Natur hinterlassen.“

Regensburg