In Familien gefährdet
Immer mehr Kinder von Stadt oder Landkreis Regensburg betreut

17.09.2018 | Stand 13.09.2023, 0:50 Uhr
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Immer mehr Kinder werden vom Amt aus ihren Familien geholt, weil sie in Gefahr sind. Auch in Stadt und Landkreis Regensburg

REGENSBURG Tragische Fälle sind es, die Mitarbeiter von Jugendämtern landauf, landab bewegen – und vor denen sie Angst haben müssen. Deutschlandweit ist die Zahl der Inobhutnahmen zwar gesunken – das lag aber vor allem an der Flüchtlingskrise. Denn 2016 musste sich der Staat zwar noch um 84.230 Kinder kümmern, deren Eltern nicht in der Lage waren, sie zu versorgen. 2017 waren es laut statistischem Bundesamt zwar „nur“ noch 61.383 Fälle, doch das lag daran, dass 45.000 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge im Jahr 2016 versorgt werden mussten, 2017 waren es nur noch halb so viele.

Großstädte wie Regensburg sind Brenngläser der gesellschaftlichen Entwicklungen. Das gilt leider auch für die Fälle, um die sich das Jugendamt vor Ort kümmern muss.

Aber wie viele Kinder müssen vor Ort im Landkreis und in der Stadt Regensburg in Obhut genommen werden? Steigt die Zahl? Und stimmt es, dass durch Sozialpädagogen an Schulen, größere Aufklärung der Bevölkerung und auch Sensibilisierung durch die Medien weniger Anzeigen beim Amt vorgenommen werden, diese aber weitaus häufiger begründet sind?

Im Landkreis Regensburg jedenfalls stieg die Zahl deutlich an: „In 2017 mussten 52 Inobhutnahmen erfolgen, wobei sich die im Vergleich zu den Vorjahren – 2016 waren es 36 und 2015 waren es 34 - höhere Zahl deshalb ergab, weil 2017 mehrere Familien mit drei bzw. vier Kindern betroffen waren“, so das zuständige Landratsamt auf Anfrage. In 2018 gab es bisher 20 Inobhutnahmen im Landkreis Regensburg. Nochmals deutlich höher sind die Zahlen in der Stadt: „Im letzten Jahr musste das Jugendamt 160 Kinder in Krisensituationen aus den Familien nehmen“, so eine Sprecherin. Diese Kinder kommen in der Regel zunächst in eine Bereitschaftspflegefamilie. Nicht alle Kinder kommen ins Heim: „Nach Beendigung der Krise können viele Kinder, geschätzt mindestens ein Drittel, wieder zurück in ihre Familie“, so die Sprecherin weiter. Zusätzlich hatte die Stadt 2017 insgesamt 28 minderjährige Flüchtlinge, die ohne Begleitung nach Deutschland kamen, in Obhut genommen. Auch hier ging die Belastung für die Behörden zurück: Im Jahr 2016 waren es noch 88 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Viele Jugendamtsmitarbeiter ächzen unter der Last der Dokumentation, die mit einer Inobhutnahme verbunden sind, klagen, dass sie immer weniger Zeit für dringende Fälle und für nötige Kontrollen hätten. Dabei scheint die Situation in Regensburg für Mitarbeiter des Jugendamts zumindest gleichgeblieben zu sein – obwohl man mehr Fälle bearbeiten musste, denn man hat das personal aufgestockt. „Damit hat Regensburg vergleichsweise gute Arbeitsbedingungen in diesem Aufgabenfeld, so dass sowohl Hausbesuche als auch die wichtigen Dokumentationen durchgeführt werden können“, so eine Sprecherin. Und auch im Landratsamt geht man sehr akribisch an diese höchst sensible Thematik heran: „Weil hier in hohe Rechtsgüter eingegriffen wird, wie etwa das elterliche Sorgerecht, ist bei Gefährdungsmeldungen und Inobhutnahmen eine exakte Dokumentation sehr wichtig und wird von den Mitarbeitern akribisch eingehalten“, so ein Sprecher des Landratsamtes. Dies sei wichtig, „um sicherzustellen, dass die jeweiligen Handlungs- und Entscheidungsschritte des Jugendamtes festgehalten sind und. nachgewiesen werden können.“ Die Dokumentation sei „ aufwendig, aber notwendig. Dass dies Auswirkungen auf die Hausbesuche hätte, kann von unserem Jugendamt nicht festgestellt werden“, so der Sprecher abschließend.

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