Souvenir-Razzia in Regensburg
Kult-Läden müssen sonntags schließen – weil sie keine Buddhas verkaufen!

17.08.2018 | Stand 13.09.2023, 2:06 Uhr
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Die Stadt Regensburg verbietet Läden wie der Wundertüte und der Tändlerei ab sofort den Verkauf am Sonntag – einem Mineralienladen, der auch Buddhas hat, allerdings nicht. Das gehe auf ein altes Gesetz in Bayern zurück, das den Verkauf von Devotionalien an Pilger erlaube – dabei sei laut Stadt „die Religion egal.“

REGENSBURG Wer samstags versucht, durch die Kramgasse zu kommen, braucht Geduld. Endlos lange Schlangen Kopfhörer tragender amerikanischer Touristen werden angeführt von fahnenschwingenden Fremdenführern. Der Touristen-Bus, eine Art Glaskasten auf Rädern, zwängt sich durch die engen Altstadt-Gassen.

Die nördlichste Stadt an der Donau wird zusehends zum Touristen-Magneten. Im vergangenen Jahr nahm der Tourismus nochmals zu, mit mehr als einer Million Übernachtungen und 650.000 Ankünften ist die Welterbe-Stadt Regensburg eine der Big Player in Bayern.

Doch der Tourismus verändert die Stadt, die Mietpreise steigen, nicht zuletzt, weil Regensburg nicht nur Touristen-Hochburg, sondern auch Studentenstadt – 32.000 Studierende mischen jährlich den Mietmarkt auf – und erfolgreicher Wirtschafts-Standort ist. Da ist es nicht leicht, als kleiner Einzelhändler zu überleben. Kein Wunder, dass Regensburger darüber diskutieren, ob der Tourismus am Ende mehr schadet als nutzt. Zumindest den Einheimischen. Aber dass Regensburg nicht ausschließlich Ketten in der Altstadt hat, verdankt die Stadt eben auch den Touristen. In der Tändlergasse etwa gibt es die wunderbare Tändlerei. Der liebevolle Laden, geführt von Anne und Leo Kosters, ist eine Art Sammelsurium aus Tand und Schätzen. Touristen lieben diesen Laden, das merkt man. Doch offenbar ist der Tändlerei nicht jeder wohl gesonnen – vor allem die Stadt scheint den Laden auf dem Kieker zu haben. Anne Kosters ist noch immer aufgeregt, wenn sie von jenem Sonntag vor zwei Wochen erzählt. „Da kamen plötzlich Mitarbeiter des Ordnungsamtes und sagten mir, ich hätte meinen Laden zu schließen, weil wir nicht genügend Regensburg-Souvenirs im Laden haben“, so Frau Kosters. Zweieinhalb Jahre lang hatten die Kosters nun ihren Laden sonntags für die Touristen geöffnet, doch damit soll nun Schluss sein. „Warum hat die Norma am Bahnhof auf, aber wir dürfen nicht?“

Einer der Hotspots für die Touristen ist der Brückkopf der Steinernen Brücke. Dort hatten bis vor kurzem auch einige Läden geöffnet – beispielsweise die Wundertüte in der Brückstraße. Wir treffen Ilse Neumüller und Roland Kollert vor ihrem Geschäft, sie tragen beide ein Regensburg-T-Shirt, das auch durchaus Einheimische kaufen. Auch sie waren von der Souvenir-Razzia betroffen. „Wir haben bisher etwa 15 Prozent unseres Umsatzes am Sonntag gemacht“, sagt Roland Kollert.

„Ich würde sehr gerne am Sonntag arbeiten“

Und eine Mitarbeiterin sagt: „Ich habe sehr gerne am Sonntag gearbeitet!“ Doch das Ordnungsamt hat sich das Sortiment in der Wundertüte ganz genau angesehen. „Sie haben gezählt, wie viele Bayern-Maßkrüge wir anbieten und wie viele Regensburg-Maßkrüge.“ In der Tat gibt es eine Satzung, die das Ladenschlussgesetz Bayerns für Regensburg ergänzt. Darin ist geregelt, dass ein Souvenirladen mindestens 50 Prozent an Souvenirs bereit halten muss, die einen direkten Regensburg-Bezug haben. „Das ist doch Unsinn“, sagt Kollert, „viele amerikanische Touristen beispielsweise kommen nach Regensburg, um sich die Stadt stellvertretend für Bayern anzusehen. Die wollen eben eine Bayern-Fahne auf dem Maßkrug, den sie kaufen.“ Seine Geschäftspartnerin Ilse Neumüller ergänzt: „Das ganze basiert auf Gesetzen aus den 50er Jahren, das ist doch nicht mehr zeitgemäß.“ Besonders krass: Der einzige Laden, der sonntags jetzt noch am Brückkopf der Steinernen öffnen darf, ist einer, der Buddhas und Mineralien verkauft. Das wiederum ist erlaubt, weil es sich bei Buddhas um Devotionalien handelt, so, als wäre der Buddha eine Art „Schwarze Madonna“.

Stadtsprecherin Juliane von Roenne-Styra sagt, die Regelung sei klar: Geöffnet werden dürfe sonntags nur, wenn in den Läden „bestimmte Warengruppen im Verhältnis zum Gesamtumsatz in erheblichem Umfang – mindestens 50 Prozent – geführt werden.“ Bei diesen Warengruppen handele es sich etwa um Devotionalien, frische Früchte, Blumen und Zeitungen sowie Waren, die für Regensburg kennzeichnend sind. Was genau Regensburg-typisch ist, das bestimmt wohl das Ordnungsamt. Dass Buddhas verkauft werden dürfen, unterliege eben dem Gesetz, das man einst für Pilger schuf – Kruzifixe müssen es aber nicht sein. „Die Definition ist nicht auf bestimmte Religionen beschränkt“, so die Stadtsprecherin.

Deshalb gibt es sonntags Buddhas, Bayern-Bierkrüge nicht.

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