Justiz
Paukenschlag im Krematoriums-Skandal – Staatsanwalt stellt Ermittlungen teilweise ein

05.07.2018 | Stand 04.08.2023, 5:25 Uhr
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Paukenschlag in den Ermittlungen im Regensburger Krematorium! Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat Teile des Komplexes mangels Tatnachweis eingestellt! Im Vorfeld hatte es die Affäre bis in den Spiegel geschafft, Stadträte forderten gar die Schließung der städtischen Einäscherungsanlage. Doch war am Ende nur alles Rache eines Mitarbeiters? Man könnte fast den Eindruck haben.

REGENSBURG Die Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelt bereits seit August 2016 wegen angeblicher Vorfälle in dem Krematorium der Stadt Regensburg. Unter anderem sollen Mitarbeiter des Krematoriums bei der Feuerbestattung von Leichnamen auch Körperteile anderer Menschen mitverbrannt haben. Die aufwendigen Ermittlungen wurden nunmehr hinsichtlich dieses Teilkomplexes teilweise mangels Tatnachweis gemäß § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung und teilweise wegen geringer Schuld gemäß § 153 Absatz 1 Strafprozessordnung eingestellt.

Im Rahmen des nun eingestellten Ermittlungskomplexes bestand konkret der Tatvorwurf der Störung der Totenruhe und der Bestechlichkeit gegen einzelne Mitarbeiter des Krematoriums Regensburg sowie der Tatvorwurf der Bestechung be-ziehungsweise Vorteilsgewährung gegen Inhaber bzw. Mitarbeiter einer pathologischen Gemeinschaftspraxis.

Durch die betroffene pathologische Gemeinschaftspraxis sollen seit einem nicht genau bekannten Zeitpunkt, mutmaßlich seit den 1990er Jahren, bis in das Jahr 2015 hinein sogenannte ethische Abfälle wie Gewebeproben und amputierte Kör-perteile an das Krematorium Regensburg zur Entsorgung geliefert und dort durch Mitarbeiter des Krematoriums verbrannt worden sein. Die Verbrennung soll dabei zumindest teilweise ohne gesonderte Vorgangsnummer erfolgt sein. Stattdessen sollen die ethischen Abfälle in Särge Verstorbener eingelegt oder auf diese aufgelegt und so mit diesen im Rahmen von Feuerbestattungen verbrannt worden sein. Für die im Übrigen kostenfrei vorgenommene Entsorgung erhielten die Mitarbeiter des Krematoriums - so der Tatvorwurf - durch die pathologische Praxis regelmäßge Trinkgelder in Höhe von (jedenfalls seit dem Jahr 2002) 60 Euro pro Quartal (insgesamt 240 Euro jährlich).

Trotz umfangreicher Ermittlungen konnte letztlich jedoch nicht geklärt werden, welche Vereinbarungen konkret zwischen welchen Beteiligten getroffen wurden. Es handelte sich offenbar um eine bereits in den 1990er Jahren etablierte Vorgehensweise. Die Mehrzahl der Beschuldigten nahm jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt die Arbeit in der Gemeinschaftspraxis beziehungsweise im Krematorium Regensburg auf. Der mutmaßliche Initiator ist inzwischen verstorben.

Insgesamt war ein Tatnachweis gegen die meisten der beschuldigten Krematoriumsmitarbeiter deshalb nicht zu führen. Diesen war insbesondere eine Kenntnis von der konkreten Herkunft der jeweiligen Trinkgeldzahlungen, an welchen sie im

´Rahmen einer Verteilung unter den Mitarbeitern partizipierten, beziehungsweise eine Kenntnis von deren Verknüpfung mit der Entsorgung der ethischen Abfälle nicht nachzuweisen. Das Verfahren wurde daher gemäß § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung eingestellt.

Hinsichtlich der beschuldigten Inhaber bzw. Mitarbeiter der pathologischen Praxis sowie einem weiteren beschuldigten Krematoriumsmitarbeiter war die Schuld als gering anzusehen. Insbesondere wäre gegen die Beschuldigten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein Tatnachweis allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme, nicht jedoch der Bestechung bzw. Bestechlichkeit zu führen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass im relevanten Tatzeitraum die allgemeine Rechtsauffassung vorherrschte, wonach die Entsorgung von ethischen Abfällen in Krematorien nicht rechtswidrig ist. Das Verfahren gegen diese Beschuldigten wurde daher mit Zustimmung des Gerichts gemäß § 153 Absatz 1 Strafprozessordnung eingestellt, da die gewährten Trinkgelder, auch wenn sie aufgrund ihrer Regelmäßigkeit den Rahmen des Sozialüblichen überschritten, bei einem Gesamtbetrag von jährlich 240 Euro für mehrere Krematoriumsmitarbeiter zusammen nicht außergewöhnlich hoch waren, die Vorgehensweise bereits 2015 beendet wurde und die nicht vorbestraften Beschuldigten sich im Rahmen der Ermittlungen auch kooperativ und einsichtig gezeigt haben.

Eine Strafverfolgung wegen Störung der Totenruhe gemäß § 168 Absatz 1 Strafgesetzbuch durch das Mitverbrennen von ethischen Abfällen bei der Feuerbestattung von Leichnamen kommt ebenfalls nicht in Betracht, da – soweit die Taten nicht ohnehin bereits verjährt wären – keine individualisierbaren Einzeltaten bezogen auf konkreten Täter und Tatzeit sowie betroffenen Feuerbestattungsvorgang ermittelt werden konnten. Die Ermittlungen hinsichtlich weiterer Vorfälle im Regensburger Krematorium dauern noch an.

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