Nach Einäscherung
„Da haben wir nichts gefunden“ – Goldzähne im Krematorium sind weg!

11.06.2018 | Stand 13.09.2023, 2:56 Uhr
−Foto: Foto: kzenon/123RF

Als ein bekannter Regensburger stirbt, erlebt seine Witwe ihr blaues Wunder: Die etwa 40 Gramm Gold in seinen Kronen sind weg. Die Witwe lässt das aber nicht auf sich beruhen.

REGENSBURG „Ich komme mir vor, als hätte man mich betrogen“, sagt Irmgard F. (Name geändert, der Redaktion bekannt). Die Witwe eines hoch angesehenen Regensburgers hat Erfahrungen mit dem Krematorium der Stadt Regensburg gemacht, die ihr bis heute keine Ruhe lassen. Es geht um die Einäscherung ihres Mannes, Gold im Wert von bis zu 2.000 Euro – und mangelnder Pietät, die Frau F. bis heute traumatisiert.

Das war geschehen: Völlig überraschend stirbt kurz vor Ostern Irmgard F.s Ehemann. „Wir haben am Vorabend noch ein Bier miteinander getrunken, gelacht. Sein Tod war für mich unvorstellbar.“ Die Witwe steht unter Schock. Die besten Jahre lagen doch noch vor ihnen. Alles geht schnell: Die Bestatter holen den Leichnam ihres Mannes ab, bringen ihn ins Krematorium. Vor der Einäscherung allerdings fällt ihr etwas ein: „Mein Mann hatte sehr teure Kronen, die aus Gold waren. Er selbst sagte mir, es seien 40 Gramm. Da wir die herausnehmbaren Kronen auch zur Reinigung hatten, habe ich das Gold mit eigenen Augen gesehen.“ Irmgard F. hat keinerlei finanzielle Sorgen, im Gegenteil. Ihr Mann leitete ein großes Werk in Regensburg, materiellen Mangel litten sie nie. „Aber mein Mann sagte zu Lebzeiten, wenn er sterbe, dann soll ich mir aus dem Gold ein schönes Schmuckstück machen lassen. So hätte ich stets eine Erinnerung an ihn.“ Im Krematorium aber gibt man vor, dass man das Gold nicht separieren könne, erinnert sich Irmgard F.. Man solle einen Zahnarzt holen, der die Kronen entfernt. „Doch welcher Zahnarzt geht zu einer Leiche?“, sagt die Witwe heute.

Doch als der Tag der Einäscherung kam, geschieht nach Irmgard F.s Aussage dies: „Wir durften die Urne selbst tragen, nur ein Mitarbeiter des Krematoriums begleitete uns. Er drehte sich zu meiner Tochter um, während der Trauerfeier und sagte: ‚Gefunden haben wir übrigens nichts!‘“

„Man sagte mir, das Gold sei für soziale Zwecke“

Die Trauer überschattet alles. Irmgard F. vergisst das Geschehene zunächst. Doch dann erinnert sie sich an die Worte ihres Mannes: ein Schmuckstück als Andenken. Sie telefoniert. „Ich habe drei völlig unterschiedliche Aussagen erhalten. Eine Frau von der Stadt sagte mir, das Gold schmelze bei der Einäscherung. Doch das stimmt nicht. Ein anderer sagte mir, das würde für soziale Zwecke gespendet. Und ein Dritter, mit den Metallresten, die bei der Einäscherung anfallen, stütze man die Friedhofsgebühren. Was stimmt nun?“

Wir haben bei der Stadt angefragt. Und in der Tat: Einmal im Monat rollt eine Firma beim Krematorium an, holt Metalle ab, die veräußert werden. Die Überreste von Prothesen und Goldzähnen, all dies ist wertvoll – und bringt Einnahmen. Laut einem Stadtratsbeschluss von 2012 „verwertet das Krematorium der Stadt Regensburg anfallende Metalle aus dem Kremationsprozess. Die dadurch erzielten Einnahmen werden zur langfristigen Stabilisierung der Gebühren im Bestattungsbereich verwandt“, so die Stadt. Außerdem „erklären die Angehörigen schriftlich ihr Einverständnis, dass die nach der Feuerbestattung verbleibenden Reste solcher Gegenstände in das Eigentum der Stadt Regensburg übergehen und von dieser verwertet und entsorgt werden.“ Bis heute findet Irmgard F. die Passage nicht, in der sie das erklärt haben soll. Sie ist vor allem über die Art und Weise enttäuscht, wie man mit ihr und den sterblichen Überresten ihres Mannes umging.

Übrigens erklärte der Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2015, dass Gold aus Goldzähnen aus der kremierten Asche zu den sterblichen Überresten eines Menschen zählen. Mitarbeiter hatten in Hamburg Gold im Wert von einer halben Million Euro entfernt und verkauft. Das sei „Störung der Totenruhe“, urteilten damals die Richter.

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