Studie belegt
Die Schere zwischen Arm und Reich wächst immer weiter – Senioren und Migranten zunehmend separiert

08.06.2018 | Stand 13.09.2023, 2:57 Uhr
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Die Schere zwischen Arm und Reich wird auch bei uns immer größer. Doch nicht nur in Bezug auf den Wohlstand und auf Armut – auch die soziale Trennung unterschiedlicher Altersgruppen beispielsweise, aber auch von Migranten wird zunehmend zum Problem.

REGENSBURG Sowohl in Stadt, als auch im Landkreis Regensburg nimmt die Zahl der Menschen, die überschuldet sind und damit ihre Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen können, immer mehr zu. Das deckt sich mit dem Bayern-Trend: 2012 waren es noch sieben Prozent der Bevölkerung, 2016 waren es bereits 7,4 Prozent. Für Regensburg ist dieser traurige Trend ebenfalls festzustellen: In der Stadt stieg die Quote von 9,73 Prozent in 2012 auf 10,12 Prozent in 2016.

Das heißt auch: In einer reicher werdenden Stadt leben immer mehr arme Menschen.

Wie groß die Unterschiede in allen möglichen Bereichen des Zusammenlebens sind, hat nun das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung heraus gearbeitet. „Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte?“ lautet der Titel einer Studie, in der auch Zahlen über Regensburg geliefert werden. Und: Die Ergebnisse sind teils beängstigend, teils aber auch beruhigend.

Verglichen haben die Forscher 74 deutsche Großstädte und haben untersucht, wie ungleich verteilt die Bevölkerung bezüglich ihres Wohlstands, aber auch ihrer ethnischen Herkunft und ihrer demographischen Merkmale ist. Armut und Reichtum, Migrationshintergrund und einheimisch sowie alt oder jung waren also die Kriterien.

Deutschlandweit betrachtet nimmt die Kluft zwischen Arm und Reich in deutschen Großstädten weiter zu: Das ist ein Trend, der sich seit den 90er-Jahren bis zur Einführung von Hartz IV 2004 feststellen lässt. Doch auch darüber hinaus sagen Forscher: Arm und Reich wohnen immer häufiger getrennt.

Generationen-Trennung nimmt weiter zu

Überraschende Ergebnisse zeitigt die Studie bezüglich der Verteilung von Migranten in deutschen Großstädten: „Im Gegensatz zur sozialen Segregation hat die räumlich ungleiche Verteilung von Ausländern in den deutschen Städten abgenommen. War die Segregation der Armen lange Zeit geringer als die von Personen ohne deutschen Pass, so ist es mittlerweile umgekehrt“, schreiben die Verfasser der Studie. Zugenommen hat allerdings die Trennung von Menschen über 65 und beispielsweise Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 15 und 29 Jahren.

Problematisch bei all dem: Man bringt weniger Verständnis für die Lebenssituation anderer auf, wenn man sie nicht mehr trifft. Laut der Studie müssten knapp 25 Prozent aller Empfänger von Sozialleistungen umziehen, damit die Verteilung der Bevölkerung in Regensburg wieder gleich wäre.

Bedürftige werden an den Rand gedrängt

Der Trend ist eindeutig: Bedürftige werden an den Rand gedrängt. Damit befindet sich Regensburg allerdings noch im unteren Drittel der Statistik: Besonders heftig ist es beispielsweise in Ingolstadt, wo ein Drittel aller Empfänger von Sozialleistungen nicht dort wohnt, wo auch wohlhabendere Menschen leben.

Überraschend allerdings: In Regensburg ist dieser Trend in den letzten Jahren eher zurückgegangen. Das kann auch an der Ausweitung der Quote liegen, die der Stadtrat für Wohnungsbau beschlossen hat: 20 Prozent eines neuen Wohngebietes müssen sozialer Wohnungsbau sein. Dennoch erschreckend: Kinder von armen Familien sind viel mehr davon betroffen, in ärmeren Wohngegenden zu leben. Man müsste ein Drittel aller Kinder, deren Eltern Sozialleistungen beziehen, in einen anderen Stadtteil ziehen lassen, damit die Ungleichheit aufgehoben wäre in Regensburg.

Drastisch ist auch die Ungleichverteilung der Altersschichten. Regensburg liegt hier an der Spitze der Ungleichheit. Der Grund sind offenbar die Studenten, denn auch Städte wie Heidelberg sind betroffen: „Das deutet darauf hin, dass besonders Studierende zur räumlichen Ungleichverteilung gegenüber anderen Altersgruppen in diesen Städten beitragen“, so die Studienmacher. Der Trend ist in Regensburg seit Jahren steigend. Nicht gut weg kommt die Stadt auch bei der Frage, ob einheimische Bevölkerung und Ausländer voneinander getrennt leben. Der Index sagt etwas über die Ghettoisierung aus: Wie sinnvoll ist es beispielsweise, dass im Regensburger Stadtosten die fünfte Moschee gebaut wird? Nun, während sich in Städten wie Mainz die Bevölkerung bezüglich ihrer ethnischen Herkunft immer mehr mischt, steigt die Zahl der ethnischen Ungleichverteilung in Regensburg.

Fazit: Regensburg droht sozialer Sprengstoff in den kommenden Jahren. Gleichzeitig aber muss man immer dazu sagen: Der Wohlstand weiter Teile der Bevölkerung federt dennoch vieles ab. Es gibt aber auch viele Abgehängte.

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