Da wiehert der Amtsschimmel
Stadt schreibt Brandbrief – Sitzgelegenheit vor Kult-Laden muss verschwinden!

02.06.2018 | Stand 13.09.2023, 3:01 Uhr
−Foto: n/a

Da wiehert der Amtsschimmel! Die Tändlerei muss einen Stuhl nach 15 Jahren von städtischem Grund nehmen. Schuld ist aber offenbar ein Anwohner, der sich beschwerte.

REGENSBURG Drei Ladeneinheiten voller Schätze: Das ist die Tändlerei im Herzen der Regensburger Altstadt. Seit mehr als 20 Jahren betreiben Anne und Leo Kosters ihr Geschäft, Hund Flocke liegt draußen im Körbchen und lässt sich von Touristen streicheln. Neben dem Körbchen steht seit 15 Jahren ein Stuhl, beschriftet mit: „Please, sit down and rest – zum Verweilen.“ Doch jetzt ist der Stuhl aktenkundig.

Per „Zustellung mit Postzustellurkunde“, teilt die Stadt Regensburg am 9. Mai schriftlich mit, dass der Stuhl zu entfernen sei. „Unerlaubte Sondernutzung, Aufstellung von Sitzgelegenheiten“, heißt‘s im Beamtendeutsch. „Südlich, im Anschluss an Ihre Warenauslage in der Tändlergasse 8 werden von Ihnen vor dem Anwesen Tändlergasse 10 Sitzgelegenheiten für jedermann zum Verweilen angeboten. Hierbei handelt es sich um eine Sondernutzung, welche bisher von der Stadt geduldet worden ist.“

Nun möchte man sofort schreien, dass da der „Amtsschimmel“ gehörig wiehert. Doch ganz so ist das nicht. Vielmehr scheint die Stadt von Anwohnern aufgestachelt worden zu sein. Das Schreiben an die Kosters liest sich durchaus so, als sei es der Stadt fast schon „z‘wider“. „Aufgrund wiederholter Anwohnerbeschwerden wegen Behinderung zum Zugang zu dem Nachbargrundstück sehen wir uns nunmehr gezwungen, Ihnen die weitere Nutzung dieser Fläche ab sofort zu untersagen“, heißt es von der Stadt. Anne Kosters ist ziemlich empört. „Das glaubt man doch erst gar nicht, oder?“ Dann zeigt sie uns einen Raum in der Tändlerei, ein ganzes Zimmer voller Weihnachtsschmuck. Alter Schmuck, handgefertigt. „Wenn sich Frauen da umschauen, dann setzen sich Männer lieber draußen hin.“ Deshalb stünde da der Stuhl.

Jetzt steht der Stuhl eben auf Privatgrund

Die Stadt verweist noch darauf, dass sie „bereits auf den konsumfreien Sitzplatzbedarf durch das Möblierungskonzept Altstadt reagiert hat. Es wurden bereits mehrere Bänke errichtet, weitere werden nach und nach folgen.“ Die Kosters haben ihren Stuhl jetzt gegenüber aufgestellt, auf Privatgrund. Ansonsten gilt wohl auch für die Inhaber des Geschäfts: Es lässt sich der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt ...

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