Wahlkampf
Gast aus dem Europa-Parlament ist tief beeindruckt von Schierling

27.05.2018 | Stand 29.07.2023, 4:29 Uhr
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Freie Wähler begrüßen Europaabgeordneten Arne Gericke: Bessere EU-Förderung prüfen - Zukunftsprojekt MUNA / Bahnanbindung „realistisch rechnen“: Kein Wolkenkuckucksheim auf Schienen – Plädoyer für europäische Regiopol-Region.

SCHIERLING „Im Grunde musste ich nur dem europäischen Pilgerweg VIA NOVA folgen“, so der Europaabgeordneten Arne Gericke (FREIE WÄHLER) schmunzelnd bei seinem Empfang am Schierlinger Marktplatz. Begleitet von FW-Ortsvorsitzendem Markus Schinhanl, FW-Landtagskandidat Tobias Gotthardt und weiteren Marktratsmitgliedern machte er sich ein Bild von der aufstrebenden Marktgemeinde im Labertal. „Wir erleben einen unglaublichen Zuwachs, der uns vor große Herausforderungen stellt“, sagt Schinhanl. Unterwegs im Ortskern, informierte Gericke sich über die auch aus EU-Mitteln finanzierte Alstadtsanierung, er erfuhr Details zur Nachnutzung des „MUNA“ und interessierte sich für den dezentralen Hochwasserschutz. „Spannend“ nannte er die Pläne einer Reaktivierung der alten Bahnstrecke: „Das muss man realistisch rechnen – und keine Wolkenkuckucksheime auf die Schiene setzen.“ Seine Empfehlung dazu: „Söder soll endlich die landkreisübergreifende Regiopol-Region Regensburg fördern und zum Laufen bringen.“

Zunächst aber drehte sich alles um die rasante Entwicklung der Gemeinde. „Optimal gelegen zwischen den Boom-Regionen Regensburg und München, bestens angebunden durch die B15 neu“, so Schinhanl, verzeichne man in den letzten Jahren einen Zuwachs von mehreren hundert Neubürgern – „das ist eine große Chance, das ist aber auch eine Herausforderung“. Gerade beim Bau von Kinderbetreuungseinrichtungen und anderer Infrastruktur für Familien stoße man an die Grenzen. Auch der Europaabgeordnete mahnt: „Land, Bund und Europa dürfen auch schnell aufstrebende Gemeinden wie Schierling nicht alleine lassen – Entwicklung braucht Unterstützung“.

Großes Interesse zeigte Gericke an den ersten Plänen zur Entwicklung des ehemaligen Munitionslagers MUNA, das die Gemeinden Schierling und Langquaid in einem interkommunalen Projekt mit regionalen, mittelständischen Partnern entwickeln wollen. Gemeinsam mit den Gemeinderäten diskutierte er die Frage der Altlasten ebenso wie die Chancen naturnaher Erholungsgebiete und einer kombinierten Nutzung: „Ich sehe in der MUNA Chancen für ein großartiges Projekt mit überregionalem Vorbildcharakter.“ Seine Empfehlung: „Setzen Sie Schwerpunkte – geben Sie dem Kind ein konkretes Gesicht“ – etwa durch den Schwerpunkt klimafreundlicher Konzeption und dezentraler, autarker Energieversorgung. Ein Punkt, bei dem Schierling und der gesamte Landkreis Regensburg ohnehin bereits durch erfolgreiches Klimaschutzmanagement glänzten.

Ein weiterer Punkt des Rundgangs: Der Hochwasserschutz. Gericke, der kurz zuvor noch Gespräche über die geplanten, umstrittenen Flutpolder an der Donau geführt hatte, positionierte sich hier klar – „Hochwasser bekämpft man nicht durch riesige Schlammpfützen am Donauufer – die Prävention muss konsequent in der Fläche beginnen und entsprechend gefördert werden.“ Ein Punkt, den auch Landtagskandidat Gotthardt unterstützt: „Wir brauchen eine 90prozentige Förderung der Rückhaltemaßnahmen in der Flächen und keine milliardenschwere Monsterwanne im Donautal.“

Mehrmals Halt machte die Delegation an den Baudenkmälern Schierlings. Gericke verwies dabei auf das laufende Europäische Jahr der Kulturdenkmäler, dessen Ansatz es sein müsse, „nicht nur bunte Broschüren zu drucken sondern konkret den Schutz verfallender Baudenkmäler zu erreichen“. Er selbst besuche deshalb seit Januar deutschlandweit bewusst „besonders gefährdete Bauten“, um sie zurück ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen. In Schierling selbst sieht er im Schloss „eine Herausforderung, die nur viele Schultern gemeinsam tragen können. Hier sind kreative Ideen gefragt, um die in den Gemäuern steckenden Chancen zu nutzen.“

„Kreativität und Pragmatismus“ brauche man auch hinsichtlich der für die Marktgemeinde angedachten Reaktivierung der Bahnverbindung. „Der ÖPNV im Landkreis Regensburg ist schon heute wegweisend – darauf müssen wir aufbauen, auch angesichts des mit dem Umbau der A3 drohenden Verkehrsinfarkt! Entsprechend kann und muss man auch die Schierling-Schiene nur im Rahmen einer Stadt-Umland-Bahn für Regensburg diskutieren – für sich alleine genommen macht es keinen Sinn“, so Gotthardt. Zudem gelte es – in Zusammenhang mit der B15 neu und der bestehenden Bahnverkehrsanbindung über den Eggmühler Bahnhof – „mit realisitschen Zahlen zu jonglieren“. Gericke sieht das ähnlich: „Von außen betrachtet sehe ich im Großraum Regensburg, in der landkreisübergreifenden Regiopol-Region die Chance einer verkehrspolitischen Modellregion mit europaweitem Vorbildcharakter. Allerdings wird das die Marktgemeinde Schierling alleine nicht stemmen“ – da brauche es viele Partner und eine große Idee. „Es macht keinen Sinn, hier im Laabertal einsam dahinfahrende Wolkenkuckucksheime auf marode Gleise zu setzen und dann spätestens

in Obertraubling an einer überlasteten Hauptstrecke zu scheitern“, so Gotthardt.

Und Gericke fordert konkret „Schritte hin zu einer lebendigen, europäischen Regiopol-Region. Ich komme aus Rostock - dort funktioniert das seit 2007. Söder muss endlich ‚Butter bei die Fische‘ bringen und aus Worten Taten machen.“ Der Verkehr ist für Gericke „das Erste, was man auf dieser Regiopolen-Ebene besprechen kann. Hier müssen Söder und eure Staatsregierung investieren – und nicht in abgehobene Superschwebebahnen.“

Drei Stunden später setzte Gericke seine „politische Pilgerfahrt“ entlang der – auch EU-geförderten – VIA NOVA fort, bepackt mit zahlreichen Ideen und Anregungen aus den Händen der Schierlinger Kollegen: „Wann immer ich über die europäische Schiene helfen kann, werde ich es gerne tun.“

Foto: Warnen vor „fahrenden Wolkenkuckucksheim auf maroden Gleisen“ und fordern ein „sinniges Gesamtkonzept“ für die Regiopol-Region: Europaabgeordneter Arne Gericke (2.v.r.) mit FW-Ortsvorsitzendem Markus Schinhanl (2.v.l), Marktrat Johann Weinzierl (l). und Landtagskandidat Tobias Gotthardt auf der maroden Schierlinger Bockerlschiene.

Regensburg