Debatte
Regensburgs Bürgermeisterin will keine Kreuze im Rathaus aufhängen

10.05.2018 | Stand 13.09.2023, 3:16 Uhr
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Im Landratsamt ließ die Landrätin ein Kruzifix anbringen, als das neue Gebäude eingeweiht wurde – im Alten Rathaus der Stadt Regensburg sucht man vergeblich nach Kruzifixen. Wieder mal ist die Kluft zwischen Stadt und Landkreis groß, diesmal in einer eher symbolischen Frage.

REGENSBURG Es gibt eine witzige Geschichte über Papstbruder Georg Ratzinger. Der schilderte nach der Wahl seines Bruders zum Pontifex, der Bürgermeister von Marktl sei ein braver Mann, aber er sei „in die Sozialdemokratie geraten“. In keiner Stadt Bayerns prallten über Jahrhunderte Kulturen, Ideologien, Religionen und unterschiedliche Schichten so aufeinander wie in der einst freien Reichsstadt Regensburg. Regelmäßig merkt man das an Statistiken – beispielsweise auch an der Kriminalitätsstatistik. Der Landkreis ist einer der sichersten in ganz Bayern, die Stadt Regensburg ist eine der kriminellsten im Freistaat. Wie groß die Kluft zwischen Stadt und Land ist, das merkt man auch an einer Debatte, die vom Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder ausgelöst wurde: Der Debatte um das Kreuz in den Amtsstuben in Bayern.

Der Regensburger Studentensprecher Tarek Carls sammelte bislang 47.000 Unterschriften gegen die Kreuze, wird von TV-Interview zu TV-Interview gereicht. Und wie sieht es in den Regensburger Amtsstuben jenseits derer des Freistaates Bayern aus? Nun: Die Kluft zwischen Stadt und Land bleibt weiter groß.

Kurz und bündig lässt Landrätin Tanja Schweiger auf eine Wochenblatt-Anfrage antworten: „Landrätin Tanja Schweiger ließ im neuen Foyer des Landratsamtes im Jahr 2015 ein Kreuz aufhängen.“ Im persönlichen Gespräch macht die Landrätin keinen Hehl daraus, dass sie Söder ein billiges Wahlkampf-Manöver vorwirft.

„Das Rathaus ist für alle Bürger da“

Regensburgs Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer indes ist, wie Marktls Bürgermeister, „in die Sozialdemokratie geraten“. Sie will keine Kreuze aufhängen. „Die Verwaltung ist für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen da, egal welcher Religion oder Weltanschauung sie angehören“, sagt die Bürgermeisterin. Kommunen müssten neutral sein, „wie es dem Grundgesetz und den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes entspricht.“ In verschiedenen Gebäuden der Stadt Regensburg hängen zwar Kreuze, „aber ich sehe hier keinerlei Notwendigkeit, eine Art allgemeine Kreuzpflicht einzuführen.“ Eine Sprecherin der Bürgermeisterin ist auf Bitten des Wochenblatts mal das Alte Rathaus abgegangen. „In einem Vorraum des Kurfürstenzimmers ist in einem Fenster ein Kreuz abgebildet“, so die Sprecherin. „Ansonsten konnte ich kein Kreuz in den Amtsstuben finden. Dort heiraten auch immer die Paare – seit Kurzem finden hier auch Eheschließungen von Homosexuellen statt.

Die werden von der Kirche ohnehin nicht anerkannt, zumindest von der Katholischen. Dass das Kreuz sich im Fenster findet, ist eher der Historie geschuldet. Allerdings wurde kürzlich Landrätin Tanja Schweiger sogar gefragt, ob sie das Kreuz aus dem Wappen des Landkreises entfernen würde. Allen Ernstes.

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