Kreuzfahrtschiffe
„Die Donau ist der am stärksten frequentierte Fluss der Welt“

12.04.2018 | Stand 13.09.2023, 7:06 Uhr
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Regensburg hat eine Studie in Auftrag gegeben über die Kabinenschifffahrt: Was bringen die Touristen, die jedes Jahr mit bis zu 1.200 schwimmenden Hotels nach Regensburg kommen? Die Ergebnisse sind überraschend.

REGENSBURG Es ist ein Satz mit Donnerhall: „Die Donau ist der am stärksten von Kabinenschiffen frequentierte Fluss weltweit“, heißt es in einer Sitzungsvorlage für den Wirtschaftsausschuss des Stadtrates. Immer wieder ist vor allem die Zahl der Kreuzfahrtschiffe, die in Regensburg anlanden und bisher auf 1.200 pro Jahr beschränkt sind, kritisch beäugt worden. Nicht so in dieser Studie, die den Blick auf den Wirtschaftsfaktor Kreuzfahrtschiffe wirft. Doch das sensible Feld thematisieren die Studienmacher auch: So gehe es darum, auch den Ansprüchen von Anwohnern gerecht zu werden, etwa wenn man den Lieferverkehr einschränkt. Der Titel der Studie lässt aber auch keinen Zweifel, um was es geht: Endlich mal in Zahlen fassen, was die Touristen eigentlich bringen. „Studie zum Nachweis positiver Wertschöpfungseffekte der Kabinenschifffahrt im Donauraum“, heißt sie nämlich. Kernstück der Studie war eine Passagierbefragung, 1.355 Touristen sind befragt worden. Auch Städte wie Passau und Linz beteiligten sich, 200 Fragebögen stammen aus Regensburg. Demnach sind es die Geldigen, die mit dem Kreuzfahrtschiff kommen: Das durchschnittliche monatliche Netto-Haushaltseinkommen liegt über 4.000 Euro, das ist happig. Die meisten kommen das erste Mal in den Donauraum: „Die Flusskreuzfahrtbranche, die intensiv den Donauraum und damit auch Regensburg bewirbt, liefert somit einen wertvollen Beitrag für das regionale Neukunden- und Auslandsmarketing“, heißt es in der Studie.

„Die Hälfte bleibt gerade mal zwei Stunden hier“

5,4 Mal geht ein Tourist durchschnittlich an Land, die Hälfte der Befragten blieb allerdings nur zwei Stunden in Regensburg, davon eineinhalb Stunden in Führungen, die von eigenen Gästeführern durchgeführt werden. Die andere Hälfte blieb sechs Stunden in Regensburg. Dabei gab jeder Tourist in der Regel 29 Euro aus – 34 Prozent übrigens für Tand aus dem Souvenir-Geschäft, 22 Prozent in der Gastronomie und 22 Prozent für Schuhe und Bekleidung.

Dementsprechend überschaubar sind dann auch die Umsätze: Drei Millionen Euro pro Jahr netto, heißt es, die sich zu 40 Prozent aus den Ausflugspaketen und zu 46 Prozent aus den Zusatzausgaben bei Landgängen ergeben. Eine recht beschauliche Summe. Doch es geht den Wirtschaftsköpfen um die Wertschöpfung – und die beliefe sich von Regensburg bis Wien auf 110 Millionen Euro im Jahr. 1.100 Arbeitsplätze hingen davon zwischen Regensburg und Wien ab.

Bislang sind es vorwiegend die Amerikaner, die in Regensburg anlanden. Das soll sich ändern, heißt es in der Studie. Vor allem auf den asiatischen Markt hat man es abgesehen. In Städten wie Krumau in Tschechien etwa kann man beobachten, wie vor allem die chinesischen Touristen aus einem beschaulichen Ort ein Freilichtmuseum machen. Den Wert einer lebenswerten Stadt haben die Wirtschaftsförderer natürlich nicht quantifiziert in ihrer Studie – der ist ja auch unbezahlbar.

Noch vor der Sitzung am Donnerstag hat sich die ÖDP zu Wort gemeldet. Sie lehnt eine Intensivierung der Kabinenschifffahrt auf der Donau rigoros ab. Wörtlich heißt es:

Laut Beschlussvorschlag in der Vorlage zum Wirtschaftsausschuss soll der Stadtrat die Verwaltung beauftragen, „den Erfahrungsaustausch unter den Donaustädten im Bereich der Kabinenschifffahrt zu intensivieren“. Das heißt für die ÖDP im Klartext, dass der Stadtrat womöglich einer weiteren Zunahme der Kreuzschifffahrt zustimmen soll. Die Verwaltung lockt dazu in dieser Vorlage mit der „monetären Wertschöpfung“ und benennt ehrlicherweise gleich die Nutznießer dieser Wertschöpfung: Es sind Reedereien, Veranstalter, Hafenmeister, Ladenbetreiber und Touristikindustrie. „Wir wollen einen sanften Tourismus mit Besuchern, die Raum und Zeit haben, unsere wunderschöne Stadt zu erfahren und hier Kultur zu erleben. Wir brauchen ein ausgewogenes Miteinander von Stadtbewohnern und Touristen, damit alle Seiten profitieren. Den Bürgerinnen und Bürgern sollen am Ende nicht nur mehr Lärm, mehr Hektik und mehr Umweltbelastung bleiben“, kritisiert ÖDP-Stadträtin Astrid Lamby. Ihr Kollege, Fraktionsvorsitzender Benedikt Suttner hält auch angesichts der momentanen Diskussionen um die Luftverschmutzung in den Städten eine weitere Belastung für nicht hinnehmbar: „Die Schiffe erhöhen die Abgasbelastung unserer ohnedies schon stark belasteten Luft noch weiter. Dazu kommen noch Zuliefer- und Ausflugsverkehr“. ÖDP-Stadtrat Joachim Graf, dessen Antrag zur Begrenzung der Anlandungen von Kreuzfahrtschiffen im Verwaltungsausschuss von den Koalitionsparteien und der CSU abgelehnt worden war, fürchtet eine allmähliche Entwicklung unserer Stadt, wie man sie etwa in Venedig und anderen Tourismus-Zentren erschreckend vor Augen habe: „Ich will nicht hinnehmen, dass unsere Innenstädte zu bloßen Tourismus-Versorgern werden, dass unsere Bürgerinnen und Bürger derartige Einschränkungen hinnehmen müssen, bloß damit sich einige Wenige ‚dumm und deppert‘ verdienen und die Statistik immer weitere Steigerungen präsentieren kann.“

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