Ehe-Neuauflage mit Merkel
GroKo-Abstimmung in der SPD – die Sozis können es derzeit nur falsch machen

24.02.2018 | Stand 14.09.2023, 11:18 Uhr
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Die Sozialdemokratie ist in Deutschland in latenter Gefahr, hat in vielen Teilen des Landes den Status einer Volkspartei längst verloren. Jetzt droht auch noch die Zwangs-Ehe mit Angela Merkel und ihrem Kanzlerwahlverein. Ein Kommentar über den Zustand der SPD.

REGENSBURG Ganz ehrlich, da bin ich ratlos. Wie sollen sich die Mitglieder der SPD entscheiden? Mitmachen bei der Großen Koalition und Angela Merkel zu einer neuen Amtszeit verhelfen? Oder dagegen stimmen, damit die Regierung vielleicht sogar stürzt? Neuwahlen sind unwahrscheinlich, denn Merkel würde sich im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit erneut zur Kanzlerin küren lassen. Meine bevorzugte Variante, eine Minderheitsregierung, bei der endlich wieder das Parlament mehr Gehör finden würde, wäre damit am Zug. Doch soweit wird es wohl nicht kommen. Ich tippe auf eine knappe Mehrheit in der SPD für die GroKo. Und dann? Arme, alte SPD! Egal, ob man die SPD gut findet oder nicht: Für die Demokratie wird es zum Problem, dass die Volksparteien ausfransen. Bei Umfragewerten von 16 Prozent kann man die SPD kaum mehr als Volkspartei bezeichnen. In Teilen Ostdeutschlands, aber auch in Niederbayern hat die AfD die Sozialdemokraten bereits überholt. Das, was wir bei unseren europäischen Nachbarn – Österreich, Polen, Tschechien – erleben, das trifft nun auch Deutschland. Und wer hätte gedacht, dass die CSU am Ende als stabilisierender Faktor in Berlin wirken könnte?

Ich habe mich in letzter Zeit oft gefragt, was die SPD falsch gemacht hat. Ich glaube, sie hat weite Teile ihrer eigenen Klientel nicht bedient. Sie hat Lobby-Politik für den mittleren Mittelstand gemacht, dabei die wirklich Bedürftigen an die Linke verloren. Sie hat die intellektuellen Linken längst an die Grünen abgegeben und ja, das mag mancher Sozi nicht gerne hören: Die kompromisslose Flüchtlingspolitik, die moralisierend auf das Grundgesetz zeigte und dabei die Dublin-Regeln ignorierte, hat einen Teil der Stammwähler zur AfD getrieben. Denn viele klassische SPD-Wähler waren in Teilen immer schon eher migrations-feindlich. Ich glaube, was die SPD retten könnte, wäre eine Art deutscher Emanuel Macron. Ein SPDler, der, wie einst Tony Blair und Gerhard Schröder, beweist, dass Sozialdemokraten wieder Wahlen gewinnen können. Die GroKo-Debatte ist so und so Gift. Die SPD hat die Wahl zwischen Pest und Cholera.

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