Spendenaffäre-Spezial
Ermittlungen gegen Schlegl werfen Fragen auf – warum wird erst jetzt ermittelt?

21.02.2018 | Stand 13.09.2023, 7:03 Uhr
−Foto: Foto: CSU

Schon im Juni 2016 sagte CSU-Politiker Schlegl aus, dass er Spenden von BTT bekam. Doch erst Ende 2017 leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein. Da stellt sich die Frage: Warum erst jetzt? Zumal der Rechenschaftsbericht der CSU des Jahres 2013, der dem Wochenblatt exklusiv vorliegt, einige Fragen aufwirft.

REGENSBURG Das Wochenblatt hatte mehrfach darüber berichtet, seit letzten Donnerstag ist es gewiss: Gegen den früheren OB-Kandidaten der CSU, Christian Schlegl, hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nach einer Hausdurchsuchung von Schlegls Privaträumen und den Räumen der CSU-Zentrale im Stadtwesten gab die Behörde bekannt, man prüfe einen Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz. Mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren wird bestraft, wer „als Empfänger eine Spende in Teilbeträge zerlegt und verbucht oder verbuchen lässt“.

Fraglich ist, warum die Staatsanwaltschaft eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden der Ermittlungen in dem Komplex jetzt erst tätig wird. Das Wochenblatt hatte erstmals am 29. Juni 2016 darüber berichtet, dass auch Schlegl Geld von Volker Tretzels BTT erhalten hatte. Am 10. August 2016 berichteten wir erstmals über eine Mail, in der Schlegl persönlich beim früheren BTT-Geschäftsführer Franz W. die Privatadressen von Mitarbeitern der Firma erbittet: „Ich bitte um Rückmeldung, an welche Empfängeradressen die Spendenquittung(en) ausgestellt werden sollen.“ Kürzlich wurde eine Mail von Franz W. bekannt, in der er vier BTT-Mitarbeiter auffordert, jeweils 9.950 Euro an die CSU für den Wahlkampf für Franz Rieger zu spenden. Rieger räumte zwischenzeitlich 50.000 Euro an Spenden von BTT ein.

Doch genau hier liegt auch das Problem der CSU-Zahlen. Rieger hatte davon gesprochen, die drei von Ermittlungen betroffenen Bauträger BTT, Schmack und Immobilien-Zentrum hätten insgesamt 90.500 Euro für den Schlegl-Wahlkampf gespendet. Das mag zutreffen – doch die Spenden an die CSU insgesamt waren deutlich höher. Das geht aus dem Rechenchschaftsbericht der Stadt-CSU für 2013 hervor.

Auf der Liste tauchen insgesamt acht BTT-Mitarbeiter auf, die jeweils 9.950 Euro überwiesen haben. Das sind zusammen knapp 80.000 Euro von BTT – allein im Jahr 2013. Und auch Schmack-Spenden stehen im Rechenschaftsbericht: jeweils zwei von den Brüdern Schmack als Privatpersonen in Höhe von jeweils 7.400 Euro plus drei Spenden über die GmbHs mit jeweils 5.000 Euro. Das ergibt eine Summe von 20.800 Euro. Und noch etwas geht aus dem CSU-Bericht hervor: Anders als Schlegl öffentlich behauptete, hat auch der IZ-Chef Thomas D. an die CSU gespendet – nämlich 9.900 Euro. Die CSU argumentierte stets, das Geld sei ja nicht nur für Schlegl gewesen. Der Rechenschaftsbericht aber weist das nicht aus. Hier stehen nur die Namen und Adressen sowie die Spendensummen.

Dörnberg-Investoren spendeten mehrfach

Doch diese Spenden sind nicht die einzigen, die von Bauträgern getätigt wurden. So finden sich auf der Liste mehrere Bauträger, die sowohl für Wolbergs, als auch für die CSU spendeten. Einer der Bauträger, gegen den nicht ermittelt wird, spendete privat 9.900 Euro und mit seiner GmbH nochmals 7.000 Euro. Bei Firmen schien es auch bei der CSU üblich zu sein, Spenden auf mehrere GmbHs aufzuteilen: Beispielsweise spendete ein Autohaus über drei verschiedene GmbHs einmal 5.000 und zweimal 2.500 Euro. Auch so entging man der Veröffentlichungspflicht, die bei 10.000 Euro beginnt.

Auch Zuwendungen von Investoren aktueller Immobilien-Projekte sind im Rechenschaftsbericht ausgewiesen: Beispielsweise überwies die Dörnberg-GmbH 8.500 Euro, das ist die Firma, die das „Dörnberg“ baut und für die der ehemalige CSU-Minister Alfred Sauter Lobbyismus betrieb. Und auch eine edle Immobilien-Firma aus Grünwald spendete 10.000 Euro – sie ist am Dörnberg beteiligt. Mehr noch: Auf der Liste findet sich mindestens ein Investor im Dörnberg, der privat 8.500 Euro spendete. Zählt man alle Spenden zusammen, hat die CSU im Jahr 2013 etwa 530.000 Euro eingenommen. Davon entfallen auf im Baugewerbe tätige Personen über GmbHs 141.000 Euro sowie nochmals 140.000 Euro auf Privatpersonen – macht 281.000 Euro aus der Immobilien-Wirtschaft. Zum Vergleich: Wolbergs Ortsverein Stadtsüden bekam laut Ermittlungsakten 2013 „lediglich“ 266.000 Euro Spenden, davon 144.800 Euro von den Bauträgern Tretzel, IZ und Schmack. Alle CSU-Spenden allein 2013 von diesen Bauträgern summieren sich nach dem Rechenschaftsbericht auf etwa 130.000 Euro – also wie bei Wolbergs. Schlegl selbst hatte für 2014 nochmals 30.000 allein von BTT eingeräumt. Überhaupt noch nicht mit eingerechnet sind mindestens 50.000 Euro an den Verein Bürger für Regensburg allein von Schmack und Tretzel in 2012.

Rabatt auf Schlegl-Haus beim Immo-Zentrum?

Bislang ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Schlegl wegen dem Parteispendengesetz. Dem Wochenblatt liegt ein Dokument vor, das belegt, dass Schlegl für ein Haus in Burgweinting beim Immobilien-Zentrum einen Rabatt erhielt. Glückliche Fügung, dass er beim IZ kaufte, denn Thomas D. spendete der CSU 2013 tatsächlich „nur“ 9.900 Euro – das geht aus dem Rechenschaftsbericht der Partei hervor. Fakt ist: Als man Franz W. verhaftete, fand man in seinem Wohnhaus eine IZ-Preisliste zum Baugebiet Nord-West II mit einem Vermerk, wonach Schlegl angeblich 260.000 Euro bezahlt hat – die Immobilie aber 279.900 Euro gekostet hätte. Bei Wolbergs führte der Nachlass für die Wohnungen der Mutter und der Schwiegermutter zu einem Bestechungs-Vorwurf. Ohnehin sagten CSU-Vertreter stets, dass es keine Unrechtsvereinbarung zwischen CSU-Politikern und den Bauträgern gegeben habe. Doch eigentlich müssten die Ermittler das nun in der Causa Schlegl erneut überprüfen. Denn Franz W. bezeugte ein Telefonat mit Christian Schlegl im Auto über Lautsprecher, W.s Frau soll daneben gesessen haben. Schlegl sagte W. demnach, man könne Tretzel nur zwei der drei Bauabschnitte in der Nibelungenkaserne geben, die Sozialwohnungen habe man dem Werkvolk Amberg versprochen. Ist das juristisch ohne Belang?

Alle Artikel zu dem Fall findet man im Dossier zur Spendenaffäre: Link.

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