Unfassbar
Türkische Gemeinde beklagt ,Attentat‘ auf Grundstück der geplanten Moschee

13.02.2018 | Stand 13.09.2023, 5:50 Uhr
−Foto: Foto: Architekturbüro Yilbirt (

Offenbar ist es am Wochenende zu einem „Attentat“ gegen die türkische Gemeinde gekommen. Ein Vereinsvertreter sagte dem Wochenblatt, dass bislang Unbekannte 26 Kreuze aufgestellt haben.

REGENSBURG Nach Angaben von Vertretern des türkischen Religionsvereins DiTiB haben bislang unbekannte Täter am Wochenende 26 Holzkreuze auf dem Areal in der Maxhüttenstraße aufgestellt. Dort soll eine neue Moschee bis kommendes Jahr gebaut werden (das Wochenblatt berichtete). Offenbar gab es einen Augenzeugen, der beobachtete, wie sechs oder sieben Personen die Kreuze dort aufstellten. „Man hat uns die Autonummer eines Fahrzeugs genannt, das dort abgestellt war“, sagte ein Vereinsvertreter weiter.

Selbst in der Türkei hat das „Attentat“ bereits hohe Wellen geschlagen. Der deutsch-türkische Jurist und AKP-Abgeordnete des türkischen Parlaments, Mustafa Yeneroglu, verbreitete Fotos von den Kreuzen auf Twitter und schrieb wörtlich: „Auf ein Moscheebaugrundstück in #Regensburg wurden in der Nacht 26 große Kreuze eingepflanzt. Auf den Kreuzen waren jeweils die Namen der Opfer des Terroranschlags ein Brüssel eingetragen.“ Auch in der türkischen Gemeinde in Regensburg ist man entsetzt darüber, dass man den Terror von Brüssel mit der neuen Moschee in Verbindung bringt. Die „Aktion“, die wohl ersten Annahmen zufolge auf eine Aktivität einer rechtsextremen Bewegung zurückzuführen sein dürfte, hat perfiderweise eine Anlehnung an die Holzkreuze, die mit Erlaubnis der Stadtverwaltung auf dem Areal der Jahninsel von der Organisation Sea Eye aufgestellt wurden und Namen von im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingen tragen.

Hier der Tweet:

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So sehen die Holzkreuze auf dem Areal der türkischen Gemeinde aus. Foto: DiTiB −Foto: DiTiB

Bereits vergangene Woche hatte sich die Regensburger CSU gegen eine Moschee an dieser Stelle ausgesprochen. Vor allem ein Minarett, von dem allerdings kein Muezzin zum Gebet rufen soll, hat Kritik hervorgerufen. Die türkische Gemeinde argumentiert, eine Moschee ohne Minarett sei wie eine Kirche ohne Kirchturm. Zudem sei es mit 21 Metern höhe deutlich niedriger als beispielsweise die Domspitzen mit 105 Metern. Die CSU indes argumentiert, dass es im Stadtosten ohnehin zu einer Konzentration von Moscheen kommt. Die DiTiB-Moschee wäre die Fünfte in diesem Stadtteil. Doch faktisch kommt keine neue Moschee hinzu, denn die DiTiB hat bis heute in der Lindnergasse ihre Gebetsräume. Das Gebäude dort wurde verkauft.

Jetzt hat sich auch die DiTiB zu Wort gemeldet. Hier ist die Erklärung im Wortlaut:

„Am Samstag, den 10. Februar 2018, wurden am frühen Morgen auf dem Gelände der neu zu bauenden Moschee und Kulturzentrum der DITIB Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Regensburg an der Maxhüttenstraße 3 von anonymen Islamhassern 26 Kreuze aufgestellt, um den Eindruck eines Friedhofs zu erwecken. Auf den Kreuzen waren die Namen der beim Terroranschlag in Brüssel ermordeten Personen angebracht. Die Polizei ist dabei, den Vorfall zu untersuchen und die Täter zu finden. Wir vertrauen auf die Sicherheitskräfte und wünschen uns eine lückenlose Aufklärung.

Die Türkisch-Islamische Gemeinde verurteilt diese islamfeindlichen Angriffe vom politisch-extremen Spektrum als ein Angriff auf das friedliche Zusammenleben, das man seit der Gründung vor 40 Jahren gemeinsam in Regensburg aufgebaut hat, aufs Schärfste. Diese Intoleranz der Moscheegegner vergiftet die seit Jahren aufgebaute Atmosphäre des Dialogs und der Zusammenarbeit. Dies ist auch ein Angriff auf die innere Sicherheit dieses Landes. Seit der Gründung im Jahre 1978 setzt sich die Gemeinde für den interreligiösen Dialog und zwischenmenschliche Beziehungen ein. Bisher gab es gar keine Probleme mit den nichtmuslimischen Mitbürgern oder der Stadtverwaltung. Damit die Beziehungen noch intensiver fortgeführt werden können, braucht man ein repräsentatives Bauwerk der Muslime als Teil der Gesellschaft. Leider werden in der politischen Landschaft Populismus und islamfeindliche Aussagen immer mehr. Diese Entwicklungen sind für die gesamte Gesellschaft in der Summe hochgradig besorgniserregend. Dem müssen wir alle miteinander entgegenwirken und dem Wohle unserer Stadt beitragen.

Sicherheitskräfte sind angesichts der aktuellen Entwicklungen verstärkt in der Verantwortung, uns alle vor Übergriffen dieser Art, insbesondere aus dem politisch-extremen Spektrum, zu schützen. Unsere Mitglieder werden sich nicht einschüchtern lassen und weiterhin für den Frieden beten und den Dialog mit allen Gesellschaftsschichten aufrecht erhalten. In unseren Predigten werden wir weiter jede Art von Zwietracht und Ungerechtigkeit, jede Art von Terror, Gewalt und Aufruf zu Gewalt verurteilen. Wir werden weiter zur Mäßigung und Gewaltlosigkeit aufrufen - in der Sprache und im Handeln, heute und immer wieder.

Seit Mitte Januar 2018 ereigneten sich über 14 Übergriffe auf Moscheen in Deutschland. Die Täter werden meistens nicht gefasst. Politik und Medien schweigen oder reagieren nur lokal. Opfer dieser Taten werden allein gelassen, weiter angegriffen und öffentlich verhöhnt. Das gesellschaftliche und politische Klima entgleist und Verantwortliche schauen zu, öffentliche Stimmen von Politikern und anderen relevanten Akteuren sind diesbezüglich nicht zu hören. Diese Gleichgültigkeit ist erschreckend. Wir hoffen, dass die Situation in unserer Heimatstadt Regensburg anders sein wird. Wir haben viele persönliche Bekanntschaften aufgebaut und viel für die Stadtgesellschaft beigetragen. Nun wollen wir gemeinsam mit der Stadtgesellschaft das Vorhaben gemeinsam verwirklichen und wollen als Bereicherung für die gesamte Stadt ein neues Gotteshaus bauen, was eine Moschee und Kultur- sowie Begegnungszentrum für alle Regensburger sein wird.

Vorstand der DITIB Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Regensburg“

Regensburg