Elend
Stadt spricht von „organisierten Bettlerbanden“ in Regensburg

18.11.2017 | Stand 13.09.2023, 1:58 Uhr
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Seit Kurzem kommen wieder viele Autos aus Südosteuropa in die Domstadt, um Bettler in die Altstadt zu bringen. Diese sind die Ärmsten der Armen, doch das erbettelte Geld wird ihnen wieder genommen.

REGENSBURG „Ja, es ist richtig, die Saison hat wieder begonnen“, sagt Regensburgs Rechtsreferent Wolfgang Schörnig auf Anfrage des Wochenblatts. Morgens, halb sieben am Pendlerparkplatz am Alten Eisstadion kann man beobachten, dass einige Kleinbusse mit bulgarischen, rumänischen oder ungarischen Kennzeichen anhalten, Menschen in heruntergekommener Kleidung ausspucken und in Regensburg auf die Straße schicken. Es sind Bettelbanden, die in den Großstädten Bayerns und ganz Deutschlands gezielt eines wollen: Geld machen. Doch die, die auf die Straße müssen, die teilweise entweder wirklich amputierte Gliedmaßen haben oder verrenkte Knochen, das sind tatsächlich die Ärmsten der Armen: „Unserer Erfahrung nach gibt es eine organisierte Kriminalität, richtiggehende Banden, die Bettler anheuern. Die müssen dann aber für die Anfahrt ebenso zahlen wie für die heruntergekommensten Unterkünfte, sodass sie nach Monaten des Bettelns sogar Schulden bei den Organisationen angehäuft haben“, erzählt Schörnig.

Es ist also tatsächlich ein Elend, was man tagtäglich gerade an den Adventswochenenden in der Fußgängerzone sehen kann. Doch wer glaubt, der Euro, den man den Bettlern in die Hand gibt, kommt tatsächlich bei denen an – der täuscht sich.

„Von dem erbettelten Geld sehen die nichts“

„Unserer Beobachtung nach funktioniert das in Wellen, wenn ein Markt wie Regensburg abgegrast ist oder der Druck zu groß wird, ziehen diese Leute weiter nach Nürnberg oder Augsburg.“ Vor zwei Jahren gab es eine konzertierte Aktion der Polizei mit dem Ordnungsdienst der Stadt. Schnell waren die Bettelbanden in andere Städte weitergezogen.

„Wir sprechen im Jahr etwa 150 Platzverweise aus“, sagt der Rechtsreferent. Doch die Methoden der Bettlerbanden werden immer ausgefeilter. „Erstens kann der Ordnungsdienst bei den Bettlern selbst nie Geld sicherstellen“, so Schörnig. Mehr als zehn Euro haben die Bettler nie in der Tasche, obwohl die Ausbeute deutlich im dreistelligen Bereich am Tag liegen dürfte. „Gerade Kinder werden dafür eingesetzt, das Geld in kurzen Zeitabständen abzuholen.“

Beobachtet haben die Mitarbeiter der Stadt auch, dass ein ausgeklügeltes Informationssystem verhindert, dass die Bettler tatsächlich erwischt werden. „Die Route unserer Mitarbeiter vom Kommunalen Ordnungsdienst durch die Stadt wird genau verfolgt, per Handy wird dann gewarnt“, so Schörnig.

Täuschen lassen darf man sich oft auch nicht von Verletzungen wie Hinkefüßen. „Wir haben Bettler beobachtet, die einen verrenkten Fuß markieren und nach getaner ,Arbeit‘ aufstehen, als wäre nichts.“ Unangenehm für den Ordnungsdienst sei es aber, „dass es leider Gutmenschen gibt, die unsere Mitarbeiter wild beschimpfen, wenn sie gegen die Bettler vorgehen“. Dabei sei eines klar: Armut lindert der Euro nicht, den man diesen Bettlern gibt. „Da sollte man lieber einer Organisation spenden, bei der das Geld ankommt“, schließt Schörnig.

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