Kurios
Klage über Raser: ,Kinder dürfen eh nicht auf die Straße‘

26.10.2017 | Stand 13.09.2023, 2:05 Uhr
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Der Stadtosten wächst, doch ausgerechnet das Gewerbe dort verhindert neue 30er-Zonen. Auf den Hinweis, dort lebten ja jetzt viele Kinder, reagiert der Leiter des Ordnungsamtes seltsam.

REGENSBURG Es gibt kaum eine sich so wandelnde Gegend in Regensburg wie den Stadtosten. Auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik entstand das Wohngebiet Candis, im Marina-Quartier schießen neue Wohngebäude wie Pilze aus dem Boden. Und die Gegend verändert sich: Neue Bürogebäude stehen neben Bordellen, welche wiederum neben einer äußerst gepflegten Anlage liegen, in der türkische und arabische Läden einen Hauch von Klein-Istanbul verbreiten. Mit dem Alten Schlachthof eröffnet bald eine Halle, die Platz für Kongresse und Konzerte bietet. Die Modernisierung Regensburgs, hier ist sie unter dem Brennglas zu beobachten. Dennoch verliert das Viertel nicht den rauen Charme eines Industriegebiets. Warum eigentlich nicht?

Die Antwort lieferte kürzlich die Stadt Regensburg auf die Frage eines Gewerbeimmobilien-Betreibers, ob man aus der Prinz-Ludwig-Straße, wo auch das Wochenblatt seinen Sitz hat, nicht eine 30er-Zone machen könnte. 

„Autos und Lkw werden ja auch immer leiser“

Dort sind nicht nur viele Büros und nach der Sanierung des alten Zollgebäudes auch hochkarätige Gastronomie, sondern auch Stadtbau-Wohnungen, seit vielen Jahren. Daneben steht ein klassischer Neubau mit Eigentumswohnungen. Dennoch brettern jeden Tag viele Lastwagen die Straße entlang. Und das soll laut Stadt auch so bleiben. Laut Dr. Patrick Veit, Leiter des Ordnungsamtes, sind der Stadt die Hände gebunden – eben weil es sich nicht um ein reines Wohngebiet handelt. „Im Ausnahmenkatalog ist lediglich der Schutz der Wohnbevölkerung genannt“, schreibt Veit im Hinblick auf die Regelungen, wann die Stadt eine 30er-Zone einrichten kann. Auf Mischgebiete indes sei dies „nicht anwendbar“. Zudem habe die Prinz-Ludwig-Straße „die Funktion der Hauptzufahrt zum Sondergebiet Hafen zu erfüllen“. Eine Zone 30 sei hier gar nicht möglich.

Dass die Lastwagen die Gerade bis zur Kreuzung zur Greflingerstraße geradezu als Beschleunigungsstreifen verwenden, spielt offenbar keine Rolle. Und auch der Hinweis darauf, dass gerade spielende Kinder von den Wohnhäusern gefährdet seien, beantwortet Veit – na ja, eigentümlich. „Den Einwand, dass sich spielende Kinder auf der Straße befinden würden, können wir zudem bereits aus dem Verbot heraus, dass der Aufenthalt von Fußgängern jeglichen Alters auf der Fahrbahn verboten ist, nicht gelten lassen und auch wegen der gesetzlich bestehenden Aufsichtspflichten nicht nachvollziehen.“

Übrigens lässt der Ordnungsamtsleiter auch die Lärmbelastung durch die Kraftwagen nicht gelten. Trotz steigenden Verkehrsaufkommens würden diese „immer leiser“. Na dann ...

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