Mieter
Neuer Mietspiegel: Durchschnittsmiete reißt die Acht-Euro-Marke

26.10.2017 | Stand 13.09.2023, 2:05 Uhr
−Foto: Foto: Peter Ferstl

Ein neuer Mietspiegel ist in der Pipeline. Regensburg wird wohl für Mieter künftig noch teurer. Besonders heftig aber ist: Der Austausch von Bevölkerungsschichten, die Gentrifizierung, ist im System schon immanent.

REGENSBURG Zahlreiche Mieter bekommen dieser Tage wieder unangenehme Schreiben von ihren Vermietern: Pünktlich vorm Jahreswechsel werden die Mieterhöhungen angemeldet. Nicht nur die privaten Mieter profitieren vom immensen Zuzug Regensburgs, im Jahr ziehen 3.000 Menschen in die Domstadt. Auch öffentliche Vermieter wie die Stadtbau: Jährlich erhöht die städtische Tochter 2.000 von insgesamt 7.000 Wohnungen, bei der Bischöflichen Administration sind es von 560 Wohnungen im Schnitt 100. Grundlage für die Begehrlichkeiten der Vermieter ist der sogenannte Mietspiegel. Der wird jetzt neu aufgelegt – und den Mietern in Regensburg droht weiteres Ungemach.

Am Montag, 6. November, treffen sich die Vertreter des Ema-Instituts aus Sinzing mit Vertretern der Stadt, des Mietervereins und des Mieterbundes. Dann sollen die Zahlen auf den Tisch. Sie sind Grundlage für jede Mieterhöhung, wenn eine Wohnung günstiger ist als die Durchschnittsmiete. Derzeit liegt der Netto-Kaltpreis bei 7,70 Euro pro Quadratmeter. Wird eine Wohnung neu vermietet, muss sich der Vermieter nicht an diesen Wert halten.

Eine deutliche Preissteigerung deutet Dr. Bernhard Schmidt vom Ema-Institut mit Sitz in Sinzing an. „Genaue Ergebnisse darf ich leider noch nicht sagen, das bleibt der Runde am 6. November vorbehalten.“ Doch diesmal musste der Statistiker die Daten neu erheben, während der letzte Mietspiegel auf Schätzungen beruhte. Etwa 1.000 Mieter wurden angeschrieben und interviewt. „Es gibt in Regensburg zwar viele Neubauten, aber die Neuvermietungen sind eher hochpreisig“, so Schmidt. 7,70 Euro war der Durchschnitts-Mietpreis in Regensburg laut Mietspiegel zuletzt, diesmal dürfte die Acht-Euro-Marke Kaltmiete deutlich geknackt werden.

„Studenten wohnen eben gern neben der Disko“

Hinzu kommen die jeweiligen Merkmale der Wohnung wie Zentrumsnähe, Altstadt, aber auch Blick auf Denkmäler und Balkone. Negative Merkmale sind beispielsweise die Nähe zu einer Kneipe oder Disko. Doch während die Zentrumsnähe neun Prozentpunkte plus gegenüber dem Durchschnittswert ausmacht, schlägt sich eine Diskothek direkt vor dem Schlafzimmerfenster – mit einem Minus von einem Prozent nieder. Und genau hier liegt das Problem: Denn die Kriterien werden nicht nach Sinn oder Unsinn oder gar politisch festgesetzt – sondern schlicht danach, wie viel die derzeitigen Mieter tatsächlich zahlen. Wenn um den Petersweg in Regensburg nur Studenten wohnen, die gerne feiern gehen und sich das auch bei der Miete etwas kosten lassen, dann macht die Disko-Nähe keine Minderung aus.

Das Unglaubliche: In diesem System ist die sogenannte Gentrifizierung, also der Austausch der angestammten Bevölkerungsgruppe etwa durch Studenten oder Wohlhabende, die sich eine Lage leisten können, quasi eingepreist. Die Politik hat überregional versagt. Zum Thema Mietpreisbremse zum Beispiel sagt Statistiker Schmidt: „Die spielt in der Realität keine Rolle, weil ein Verstoß dagegen keine Strafe nach sich zieht.“ Auch Entwicklungen wie immer mehr AirBnB-Ferienwohnungen in der Altstadt – die Zahl stieg von 50 auf zuletzt über 100 – wirken sich preistreibend auf den Spiegel aus.

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