Deutliche Kritik von Landrat und OB
„Die besten Maßnahmen nützen nichts, wenn sich nicht alle daran halten“

08.01.2021 | Stand 24.07.2023, 22:48 Uhr
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Anstieg der Corona-Zahlen: Mit einem eindringlichen Appell haben sich der Landshuter Landrat Peter Dreier und Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz am Freitag an die Bürger der Region gewandt.

Landshut. Der verschärfte Lockdown geht in eine weitere Woche – am Montag (11.Januar) treten nach Maßgabe des Freistaates Bayern weitere Kontaktbeschränkungen in Kraft, die das Infektionsgeschehen eindämmen sollen. Neben den erhöhten Kontaktbeschränkungen (es sind nur noch Treffen mit einer Person, die außerhalb des eigenen Hausstandes lebt, erlaubt) könnten auch die Mobilitätseinschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger der Region Landshut relevant werden.

Dass die Zahlen zwischen den Jahren und seit Jahresbeginn gesunken sind, lässt keinen Rückschluss auf die wirkliche Infektionslage zu, erklären Landshuts Landrat Peter Dreier und Oberbürgermeister Alexander Putz: „Die Reihentestungen in einzelnen Einrichtungen durch das Gesundheitsamt wurden zwar nach wie vor durchgeführt, es wurde aber dennoch deutlich weniger getestet. Die Hausarzt-Praxen waren größtenteils geschlossen und auch auf der Teststation hat kein durchgehender Betrieb stattgefunden.“ Jetzt steigen die Zahlen wieder deutlich, da sich die gelockerten Kontaktbeschränkungen an Weihnachten und die, zwar erheblich kleiner ausgefallenen, aber doch veranstalteten Zusammenkünfte an Silvester im Infektionsgeschehen bemerkbar machen: 38 Neuinfektionen verzeichnete das Gesundheitsamt Landshut an diesem Freitag (8. Januar) bislang. Die Zahl der Indexfälle liegt aktuell bei 6.418, davon gelten 5.611 als genesen und konnten die häusliche Quarantäne verlassen (+ 83). Gesunken ist die Zahl der Personen, die aktuell nachweislich mit dem Corona-Virus infiziert sind: 647 und damit 55 weniger als am Vortag. Acht weitere Todesfälle sind im Zusammenhang mit dem Virus bekannt registriert geworden: Ein 90-Jähriger und eine 69-Jährige sind nachweislich an Covid19 verstorben, sechs weitere Personen zwischen 81 und 92 Jahren waren zwar mit dem Corona-Virus infiziert, es wurde aber eine andere Todesursache festgestellt. 160 Personen sind es mittlerweile, die in der Region Landshut an bzw. mit SARS-CoV2 verstorben sind.

Schon jetzt wird deutlich, dass die Werte der 7-Tages-Inzidenzen in der Region nach oben gehen. Lag die Inzidenz am Donnerstag für beide Gebiete noch bei gut 130, weist das Robert-Koch-Institut mit dem heutigen Freitag in der Stadt (220,7) einen sprunghaften Anstieg aus, im Landkreis ist die Situation aktuell noch stabil (124,5). Neben den vielen Neuinfektionen, die ganze Familien betreffen, weil das Virus innerhalb des Hausstandes weitergegeben wurde, wurden in einem Altenheim auf Stadtgebiet im Zuge einer Reihentestung eine ganze Reihe an Infektionen innerhalb von Bewohnerschaft und Personal festgestellt.

Damit würde nach jetzigem Stand zumindest für die Stadt Landshut die Bewegungseinschränkung in Kraft treten, die vorsieht, dass bei besonders betroffenen Gebieten (ab einer Inzidenz von 200) die Bürgerinnen und Bürger keine tagestouristischen Ausflüge außerhalb von 15 Kilometern um ihre Wohnort-Gemeinde unternehmen dürfen. Erledigungen wie beispielsweise Arztbesuche oder Einkäufe wie auch der Weg in die Arbeit sind davon aber nicht betroffen.

„Die besten Maßnahmen nützen aber nichts, wenn sich nicht alle daran halten. Die Unvernunft und das Unverständnis Weniger, die meinen, die Regeln gelten für sie nicht, sorgen für verschärfte Maßnahmen für alle – schlichtweg, weil wir angesichts der aktuellen Situation einfach keine andere Wahl haben.“ Auch wenn Dreier und Putz den 15 Kilometer-Bewegungsradius als „nicht durchdacht und lückenhaft“ empfinden, stehen sie dem Grundsatz der temporären Mobilitätseinschränkung positiv gegenüber: „Wir können uns glücklich schätzen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger, sowohl in Stadt als auch Landkreis, Natur und Erholung quasi vor ihrer Haustüre haben. Da müssen wir nicht jetzt zig Kilometer fahren, um unsere Freizeit zu gestalten.“

Dass um den Jahreswechsel die Belegung von Covid-Patienten in den regionalen Krankenhäusern gesunken ist, darf ebenfalls nicht als Wendepunkt gewertet werden – ganz im Gegenteil: „Gestiegene Infektionszahlen schlagen sich erst mit einigen Tagen Verzögerung in den Krankenhäusern auf“, erklärt der Ärztliche Leiter Krankenhaus-Koordination, Jürgen Königer. Diese Entwicklung deutet sich bereits an: 59 (+ 3) Covid-Patienten sind es aktuell auf den Normalstationen, zwölf (+ 2) müssen intensivmedizinisch betreut werden – bei letzterem ist dies der bisherige Höchststand in der „zweiten Welle“ der Pandemie. Die wenig verfügbaren Covid-Betten sind im Handumdrehen wieder belegt, zumal auch aus anderen Teilen Niederbayerns immer wieder Anfragen auftauchen, ob nicht einzelne Patienten kurzfristig übernommen werden können, da auch hier die Kapazitäten zur Neige gehen oder zeitweise erschöpft sind. „Wir sind wirklich auf Kante genäht, ein größerer Ausbruch könnte unsere Gesundheitsversorgung gefährden“, erklärt Königer. In die Quarantäne-Einrichtung in Bad Gögging wurden bislang 24 Patienten aus dem Rettungsdienstbereich Landshut (zu dem neben Stadt und Landkreis Landshut auch die Landkreise Kelheim und Dingolfing-Landau gehören) verlegt – Tendenz weiter steigend. Hier werden Covid positive Patienten untergebracht, die zwar keiner akutmedizinischen Behandlung mehr bedürfen, vorübergehend nicht nach Hause oder in ihr Pflegeheim zurückkehren können.

Deshalb hoffen sowohl Landrat als auch OB und der regionale Krankenhaus-Koordinator, dass alle Bürgerinnen und Bürger den Ernst der Lage erkennen und sich an die Kontaktbeschränkungen halten und zuhause bleiben – „auch wenn es weh tut“. „Woche um Woche im Lockdown vergeht und wir schaffen es nicht, vor die Lage zu kommen. Wir können natürlich den Unmut der Bevölkerung verstehen und den großen Wunsch, dass alles vorbei ist und wir wieder zur Normalität zurückkehren können. Aber das geht momentan noch nicht. Und dieses Ziel rückt Woche für Woche von uns weg, wenn wir nicht endlich alle an einen Strang ziehen“, werden die Kommunalpolitiker und der Mediziner deutlich.

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